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Nie wieder sprachlos!

Manchmal trifft ein Kommentar so unerwartet, dass man nur perplex dasteht. „Ähm … hat er oder sie das gerade wirklich gesagt? Wie soll man darauf reagieren?“ Ein Beispiel: Der Kollege, der ständig schlecht gelaunt ist, sagt süffisant: „Hast du das Meeting vergessen, oder hast du noch was zum Umziehen dabei?“ (Und das, obwohl man das Outfit sorgfältig für das Meeting ausgewählt hat!). Oder die Schwiegermutter kommentiert: „Dass ihr euch hier wohl fühlt, ist mir ein Rätsel.

Wer eine Augenbraue hochziehen kann, hat oft schon genug gesagt. Brillenträger können das Gegenüber einfach nur stumm über den Rand der Brille anschauen.

Nicole Staudinger, Schlagfertigkeitstrainerin

Genial einfach: Greife zu non-verbalen Tricks

Wie man auf solche (und andere) Sticheleien lässig reagieren kann, erklärt die deutsche Kommunikationstrainerin Nicole Staudinger, Autorin des Spiegel-Bestsellers „Schlagfertigkeitsqueen - in jeder Situation wortgewandt und majestätisch reagieren“. Sie ist auf Kommunikationstrainings für Frauen spezialisiert und erklärt 5 Strategien, die sich auf für Anfänger ganz leicht umsetzen lassen (siehe unten).

Doch das Beste vorweg: Oft braucht es gar keine Worte.

„Wir müssen uns von dem Gedanken lösen, auf alles verbal reagieren zu müssen. Man kann auch ohne Worte wunderbar kontern“, sagt Staudinger. „Wer eine Augenbraue hochziehen kann, hat oft schon genug gesagt. Brillenträger können das Gegenüber einfach nur stumm über den Rand der Brille anschauen. Oder die Brille langsam abnehmen, putzen und wieder aufsetzen – das ist oft sehr wirkungsvoll. Nur eines geht nicht: wie der Ochs vorm Tor stehen. Egal, was für ein Angriff kommt, wir haben drei Sekunden Zeit. Wenn wir nicht reagieren, beginnt das eigentliche Problem. Später sitzt man zu Hause, grübelt, ob an dem Kommentar etwas Wahres dran war, wird unsicher. Man geht die Situation tausend Mal durch und ärgert sich, nichts entgegnet zu haben.“

Persönliche Erfahrung mit Stichelei

Staudinger weiß, wovon sie spricht. Obwohl sie von Natur aus schlagfertig ist, entdeckte sie die wahre Kraft der Schlagfertigkeit erst, als sie 2014 – mit 32 Jahren – an Brustkrebs erkrankte und durch die Behandlung ihre Haare verlor.

„Damals war ich auf eine Party eingeladen. Weil ich einen guten Tag hatte, bin ich hingegangen. Eine entfernte Bekannte kam auf mich zu und meinte: ‚Ach, du bist das mit dem Brustkrebs, richtig? Brustkrebs mit 32. Das weiß man ja, dass das ein unverarbeiteter Mutter-Tochter-Konflikt ist. Vielleicht musst du deine Prioritäten richtig setzen lernen.‘ Ich habe sie angesehen und gesagt: ‚Das mit den Prioritäten ist ein gutes Stichwort. Weißt du, wo ich jetzt anfange? Bei dir.‘ Dann habe ich mich umgedreht und bin gegangen.“

Schlagfertigkeit braucht ein starkes Selbstbild und Humor

Für Staudinger ist Schlagfertigkeit nicht nur sprachliches Geschick, sondern eine Lebenseinstellung.

„Es geht darum, zu erkennen: Wem gestehe ich es zu, mir wertvolle Lebenszeit durch Ärger zu rauben?“ Das hat viel mit Selbstliebe und dem Setzen von Grenzen zu tun. Auch eine gewisse Lässigkeit und Humor sind wichtig, denn die Antworten – ob verbal oder nonverbal – sollten neutral wirken, sonst riskiert man, zickig oder beleidigt zu erscheinen.“

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Die goldene Regel: nicht rechtfertigen!

Es ist wichtig, sich nicht zu rechtfertigen.

„Frauen fällt das oft schwer. Aber Rechtfertigung ist keine Schlagfertigkeitstechnik. Sie gibt der Meinung des anderen nur mehr Gewicht. Ständiges Rechtfertigen zeigt vor allem auch, dass das eigene Selbstbild nicht stimmt.“ Staudinger erklärt weiter: „Schlagfertigkeit hilft, nach einem verbalen Angriff erhobenen Hauptes weiterzugehen, ohne ewig zu grübeln, was man hätte sagen sollen. Sie löst jedoch keine lang bestehenden Konflikte. Wenn man sich ständig von den Kommentaren der Schwiegermutter angegriffen fühlt, kann Schlagfertigkeit die Situation sogar verschärfen. In solchen Fällen braucht es andere Lösungen. Und bei konstruktiver Kritik ist Schlagfertigkeit ebenfalls fehl am Platz. Da sollte man sich lieber für das Feedback bedanken.““

5 Schlagfertigkeits-Techniken, die immer funktionieren

Diese Techniken sind leicht zu lernen – und universal einsetzbar.

1. Schlagfertig mit der "Zwei-Silben-Antwort"

„Diese Strategie funktioniert eigentlich immer – sofern sie in einem neutralen Ton und ruhig vorgebracht wird“, so Nicole Staudinger. Mit zweisilbigen Antworten kann man sich elegant aus der Situation ziehen – ohne sich zu rechtfertigen.

Gute Phrasen dafür sind etwa:

Ach, was?

So, so.

Ist das so?

Potzblitz.

Du Fuchs!

Sieh an!

Nicht wahr?

Schade.

Sag bloß?

Und dann … nichts mehr. Stille. Wenn der verbale Angriff nicht fruchtet, fühlt sich das Gegenüber schnell unbehaglich.“

2. Schlagfertig durch Ausblenden der Zwischentöne

Nicht nachdenken, nicht deuten, nicht interpretieren – einfach die Zwischentöne ausblenden. Oder anders gesagt: Sich bewusst ein bisschen taub oder naiv stellen – und vom Besten ausgehen.

„Das ist definitiv meine Lieblingstechnik“, sagt Staudinger. „Meistens ist es nämlich der Tonfall, der uns sauer aufstößt. Wenn man diesen einfach ignoriert, kontert es sich leichter. Männer können das übrigens oft besser, da können sich Frauen noch etwas abschauen.“

Wie funktioniert die Technik in der Praxis?

Die Expertin erklärt es anhand von zwei Beispielen:

Beispiel 1: „Eine Frau fragte mich einmal: Wie schafft man es, wenn man so viel joggt wie du, noch so dick zu sein?“ Meine Antwort: „Du, das ist ganz einfach: Du musst nur genug essen.“ Erklärung: „Ich habe die Zwischentöne ausgeblendet und angenommen, die Frau könnte tatsächlich Interesse an meinen Stoffwechsel-Prozessen haben. Dieses Ausblenden hat mir erlaubt, schlagfertig zu bleiben.“

Beispiel 2: Wenn jemand nach einer gelungenen Präsentation sagt: „Na, das Rad hast du damit aber auch nicht neu erfunden …“, könnte man antworten: „Stimmt, neu erfunden habe ich es nicht. Aber ich habe es mal wieder ordentlich zum Rollen gebracht."

3. Schlagfertig mit der Gegenkonter-Methode

So funktioniert es: Du nimmst den Satz des Gegenübers und veränderst – mit humorvollen Unterton – einen kleinen Teil davon.

Beispiel 1: Die Legende sagt, eine Dame soll einmal zu Winston Churchill gemeint haben: „Winston, wenn ich mit dir verheiratet wäre, würde ich dir Gift geben.“ Churchill antwortete: „Und wenn ich mit dir verheiratet wäre, würde ich es nehmen.“

Beispiel 2: „Wenn ich du wäre, würde ich vor Scham im Boden versinken“. Auf diesen Satz könnte der Gegenkonter lauten: „Und wenn ich du wäre, wäre ich wohl immer noch lieber ich.“ Die Expertin erklärt: „Diese Antwort ist tiefgründig und bringt das Gegenüber erst einmal zum Nachdenken.“

4. Schlagfertig durch das Umdeuten von Kritik

„Diese Technik funktioniert nur, wenn man ein starkes Selbstbild hat und genau weiß, was man gut kann und was nicht“, erklärt Expertin Nicole Staudinger. „Wenn eine Kollegin sagt: ‚Mein Gott, du bist immer so pingelig!‘, kann man das umdeuten in: ‚Wenn du unter pingelig verstehst, dass ich meine Aufgaben sorgsam erledige, dann hast du recht.‘"

Beispiel 2: Beschwert sich jemand bei dir über deinen vermeintlich langsamen Service, könntest du entgegnen: "Wenn Sie unter langsam verstehen, dass ich mir für jeden Kunden Zeit nehme, dann gebe ich Ihnen recht."

5. Schlagfertig mit Hilfe von Sprichwörtern

„Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“

„Es ist nicht alles Gold, was glänzt.“

„Der Zorn ist ein schlechter Ratgeber.“

„Arbeite smart, nicht hart.“

„Ironie ist der Humor intelligenter Menschen.«

„Mit leerem Kopf nickt es sich leichter.“

Expertin Nicole Staudinger weiß: „Wir haben im deutschen Sprachgebrauch rund 40.000 Sprichwörter und Redewendungen. Insofern macht es durchaus Sinn, sich ein paar zurechtzulegen. Das Schönste, was ich mal gehört habe, war im Kontext eines Businessmeetings mit einem cholerischen Chef, der zu seiner Angestellten sagte: ‚Mein Gott, muss ich dir eigentlich alles hundert Mal erklären, bis du es verstehst?‘ Ihre Antwort kam mit einem Goethe-Zitat: ‚Die Worte hör ich wohl. Was mir fehlt, ist der Glaube.’“

Frau vor Computer lächelnd, im Café
Du kannst auch online schlagfertig reagieren. Wichtig ist auch hier: Nicht rechtfertigen!

Foto: Unsplash

Schlagfertigkeit online: Was tun bei Angriffen auf Social Media?

Nicole Staudinger sagt: „Ein Patentrezept gibt es nicht. Es kommt darauf an, um welche Art von Verbalattacke es sich handelt. Bei besonders schlimmen Angriffen, die unter die Gürtellinie gehen oder sogar Volksverhetzung darstellen, rate ich, den rechtlichen Weg zu gehen. Doch auch online gilt: Nicht rechtfertigen, sondern kurz und knapp antworten. Oder dem Angreifer die Chance geben, sich zu entschuldigen, und sonst den Kommentar löschen.“

Zur Expertin

Nicole Staudinger ist Kommunikationstrainerin und Bestsellerautorin, die als „Schlagfertigkeitsqueen“ (so heißt auch ihr Buch zum Thema) in Deutschland bekannt ist. Mehr über ihre Arbeit und Seminare findest du auf ihrer Website: www.nicolestaudinger.de.