In Partnerschaft mit

Ich bin menschensüchtig! Ich kann einfach nicht genug davon bekommen, neue Menschen kennenzulernen. Unabhängig von meinen langjährigen Freunden suche ich immer wieder nach Begegnungen, die mein Leben bunter machen. Warum? Ich möchte dadurch meine Filterblase so oft wie möglich verlassen. Dadurch erweitere ich meinen Horizont, entdecke neue Perspektiven und entwickle mich weiter. Und weil Erwachsene in Bezug auf Fremde meistens scheu sind, muss ich dazu immer wieder über meinen Schatten springen und auf Fremde zugehen.

Genau das tat ich letzte Woche, als es mich mit einer Freundin in ein Kindercafé verschlug. Mit uns am Tisch saß eine Mutti in khakigrüner Strickweste. Als meine Freundin ihrer kleinen Tochter hinterhereilte, versuchte ich mit der Strickmami ins Gespräch zu kommen. Passend zu ihrer Kleidung erzählte sie mir ohne Atempause von ihren wollenen Abenteuern. Ehrlich gestanden: Ich fand es todlangweilig. „Anscheinend ein Beweis dafür, dass einen doch nicht jeder Mensch mit seinen Perspektiven bereichert“, schlussfolgerte ich in Gedanken. Und als ob meine Gesprächspartnerin genau das gehört hätte, fragte sie plötzlich:

Photo by Tara Evans on Unsplash

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Was hast du eigentlich gegen das Stricken?

Weil die Frage so unerwartet kam, blieb mir nichts anderes übrig, als ehrlich zu antworten: „Ich finde es langweilig – aber trotzdem toll, wenn Menschen stricken, backen, laufen oder sonst etwas tun, wenn sie sich dabei entspannen und Freude haben. Nur mir liegt das mit dem Stricken nicht so.“

Nach einer kurzen Schockpause holte die Strickmami tief Luft, um mich endgültig aufzuklären.

Wenn Menschen stricken und man die Perspektive wechselt

„Stricken ist wie leben! Die einen stricken liebevoll und sorgfältig, andere angestrengt und ungern. Oft gibt es komplizierte Muster, und du musst dich ganz schön konzentrieren. Manchmal musst du kreativ sein, weil es keine Vorlage gibt. Manche Strecken sind mühevoll, andere leicht und freudvoll. Die Farben wechseln von Sonnengelb bis Grau, und manchmal wird’s auch schwarz. Und auch die Qualität wechselt: mal flauschig, mal hart, mal kratzig. Manchmal machst du einen Fehler, und dann entstehen Löcher. Später musst du die dann mühevoll wieder stopfen. Es kann auch sein, dass mal der Faden reißt. Dann musst du neu ansetzen. Ab und an kommt es vor, dass du das Strickzeug in die Ecke wirfst. Aber dann holst du es doch wieder hervor. Ungewiss ist immer, wie viel Lebensfaden uns noch zum Stricken bleibt. Aber eines ist sicher: Du hast die Nadeln in der Hand. Du bestimmst, mit welcher Technik du strickst. Du wählst die Muster und auch das Werkzeug. Und das Wichtigste: Du bestimmst das Ergebnis. Du bestimmst, was du strickst.“

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Wie diese bunte Geschichte mich inspirierte

Ich musste lange über das Gesagte nachdenken. Es kam für mich gerade im rechten Moment, und dafür bin ich dankbar. Es machte mir einmal mehr bewusst, dass ich ein selbstbestimmtes Wesen bin. Dass mir das Werkzeug dafür, mein Leben zu gestalten, in jedem Moment zur Verfügung steht. Nicht alles kann ich beeinflussen, aber vieles liegt in meiner Hand. Immer dann, wenn mich ein Mensch mit seinem Wesen, seiner Geschichte, seinen Worten oder seiner Andersheit berührt, vertiefe ich diese Erfahrung, indem ich sie reflektiere. Das funktioniert anhand dieser Fragen ganz gut:  

• Wann hast du das letzte Mal einen „neuen“ Menschen getroffen, der dich berührt hat? Lass die Erinnerung Revue passieren, und unterstelle dem Leben, dass dir das aus einem bestimmten Grund passiert ist.

• Was daran hat dich inspiriert? Handelt es sich dabei um etwas, was auch du selbst wieder (er)leben solltest? Eine Eigenschaft, ein Hobby, eine Lebenseinstellung?

• Welche Lebensweisheit beinhaltet die Erfahrung womöglich? Ist sie vielleicht einfach eine Aufforderung dazu, wieder aktiver, offener, liebevoller durchs Leben zu gehen?

Jede Begegnung ist ein Abenteuer. Öffne dein Herz für neue Perspektiven!