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12.000 v. Chr.

Brrr, ganz schön kalt! Noch herrscht Eiszeit, doch langsam neigt sich die letzte Kaltphase dem Ende zu. Die mächtigen Gletscher in Mitteleuropa beginnen zu schmelzen. Wo früher Eismassen waren, erstrecken sich bald gigantische Steinwüsten, aus denen da und dort kleine Wunder sprießen: bunte Blumen, die ersten seit fast 100.000 Jahren.

Singvögel besuchen das neue Land, die erste Tundrawiese überzieht den Berghang. Zu Moschusochsen und Rentieren gesellen sich Murmeltiere, neben Flechten und Moosen gedeihen nun auch Zwergsträucher wie kleine Birken oder Heidelbeeren.

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Illustration Heuschrecke
Je bunter die Wiesen, desto mehr lebt in ihr.

Pauline Wernig

7000 v. Chr.

Die Sonne gewinnt weiter an Kraft und erweckt die Wiese zum Leben. Hier tummeln sich nun auch Kreuzottern und Warzenbeißer (eine Heuschreckenart). Die Temperatur steigt weiter. Die Winter werden immer kürzer, die Sommer dafür länger.

6000 v. Chr.

Im milden Klima schießen die Bäume in den Himmel, Wiesenblumen können in ihrem Schatten nicht mehr überleben. Es ist feucht und moosig, die perfekte Umgebung für Waldmäuse und Bänderschnecken. Mit jeder neuen Baumgeneration verdrängt der Wald die Wiese und ihre Bewohner ein Stückchen mehr.

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Aber: Die Wiese hat mächtige, hungrige Verbündete. Pflanzenfresser wie Wisente, Auerochsen und Elche ernähren sich von jungen Bäumen und Sträuchern und halten den Wald so in Zaum. Es entstehen Grasinseln, und die Sonne schafft es immer wieder, den Boden zu kitzeln – der Ursprung eines besonders artenreichen Lebensraumes. Der stille Kampf zwischen Wald und Wiese, Bäumen und Blumen dauert die nächsten Jahrtausende an. Noch sorgen mächtige Horn- und Geweihträger mit ihrem Appetit für Gleichgewicht, wenige Jahrhunderte später geht ihre Ära aber zu Ende.

3500 v. Chr.

Die Menschen in Mitteleuropa werden sesshaft und versorgen sich durch Ackerbau und Viehzucht. Seit die Wiesen bewirtschaftet sind, leben hier so viele Tiere und Pflanzen wie nie zuvor.

1200 n. Chr.

Getreidefelder prägen das Landschaftsbild. Die Dorfbewohner lassen das Vieh auf der Wiese weiden und nutzen die Wälder zur Brenn- und Bauholzgewinnung.

Um 1950

Die Wiese wird nur zweimal im Jahr gemäht und bekommt so genügend Zeit zum Wachsen. Sie dankt es mit einem überwältigenden Blütenmeer und liefert Heu, voll mit gesunden Kräutern. Unzählige verschiedene Arten gedeihen, genauso vielfältig ist die Tierwelt, die hier zu Hause ist.

Die Motorisierung hält in der Landwirtschaft Einzug. Maschinen lösen die Sense ab, Mahd und Heuernte werden so einfacher und effektiver. Noch leidet die Artenvielfalt nicht darunter. So bunt wie jetzt war die Wiese noch nie – trotz, aber eben gerade auch weil sie gemäht wird und so immer wieder in voller Pracht erstrahlen kann.

21. Jahrhundert

Die Landwirtschaft entwickelt sich rasant weiter, Bauern fahren Gülle auf ihre Wiese. Futterpflanzen profitieren von den vielen Nährstoffen, andere Organismen leiden darunter und sterben aus. Das verändert auch das Antlitz der Wiese: Da und dort verwandeln sich betörende Blumenmeere in Grasäcker, die mehrmals im Jahr gemäht und häufig gedüngt werden.

Das Singen der Vögel und Zirpen der Heuschrecken ist leiser geworden. Aber noch ist es nicht zu spät, den vielleicht buntesten Lebensraum der Welt zu schützen.

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