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Neulich lief mir meine Kollegin Sabine über den Weg. „Was verschlägt dich denn in die Gegend?“, fragte sie mich. Ohne Umschweife erklärte ich ihr, dass ich auf dem Weg zu meiner Psychotherapeutin war. Nun nahm unser Gespräch eine eigenartige Wendung.

Sabine sah beklemmt zu Boden. Ich spürte, dass ihr meine Offenbarung – für mich vielmehr eine Selbstverständlichkeit – zu schaffen machte und wechselte daher rasch das Thema. Dennoch überraschte mich ihre Reaktion. Ich bin der Meinung, dass eine Gesprächstherapie oder eine Coaching-Session nicht bloß etwas für Kranke ist. Sondern bei jedem von uns wie eine Wellnesseinheit für die Seele wirken kann.

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Selbstfürsorge statt Vorurteile

Warum ist es eigentlich selbstverständlich, dass wir uns ab und zu eine Haarkur, Maniküre, Pediküre oder Massage gönnen, während unsere Seele kaum etwas von diesem Selbstfürsorge-Luxus abbekommt?

Karges Wartezimmer.

Bild: Kirill/ Unsplash

Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass einige Menschen noch jede Menge Vorurteile im Hinblick auf die Psychotherapie haben. Manche glauben, sie stünde nur geistig Kranken, Trauernden oder Traumatisierten zu. Andere deuten es als Schwäche, wenn man mit seinen Problemen nicht alleine klarkommt. Außerdem spielt oft mangelndes Selbstmitgefühl eine große Rolle. Und das Mindset – reden alleine hilft nicht – tut dann den Rest.

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Woher kommen die vielen Vorurteile?

Oft handelt es sich um die Angst vor dem Unbekannten. In der menschlichen Geschichte wurde alles, was nicht verstanden wurde, als „dämonisch“ bezeichnet. Während man beim Körper in der Regel weiß, wie er auf Medizin, Nahrung oder Belastung reagiert, ist das bei unserer Seele häufig um ein Vielfaches komplexer.

Wer sich selbst – seine Gefühle, seine Glaubensmuster und oft auch seine Taten – nicht versteht, fühlt sich seinem Geist oft hilflos ausgeliefert. Um die Kontrolle über ihn zu erlangen, werden große Teile der Gefühls- und Gedankenwelt einfach verdrängt.

Der erste Schritt um diesen Teufelskreis zu entkommen, ist es, veraltete Vorurteile über Bord zu werfen. Dazu habe ich einige Impulse mitgebracht:

Vorurteil 1: Nur schwache Menschen benötigen eine Psychotherapie.

Fliegender Adler im Nebel.

Bild: Kea Mowat/Unsplash

Jeder von uns hat eine Vergangenheit, die sein Denken, seine Gefühle und sein Verhalten beeinflusst. Wer sich nicht mit sich selbst, seinen Mustern und Handlungsweisen auseinandersetzt, findet nur schwer einen Umgang damit. Er ist scheinbar ein Opfer seiner Psyche, die mit ihm macht, was sie will. Wer sich selbst kennt und weiß, warum er bestimmte Glaubenssätze und Verhaltensmuster an den Tag legt, nimmt das Ruder in die Hand und kann sich bewusst für oder gegen ein bestimmtes Denken entscheiden. Dieser Weg sollte jedem von uns offen stehen.

Vorurteil 2: Für Gesunde ist eine Therapie Luxus.

Selbstliebe

Bild: Darius Bashar/Unsplash

Tatsächlich ist eine Psychotherapie für Menschen in Not wesentlicher als für einen geistig Gesunden. Aber nachdem wir grundsätzlich nicht für das Wohl anderer verantwortlich sind und es nur marginal beeinflussen können, hat diese Tatsache wenig Relevanz. Denkt an den Friseur, die teuren Hautcremes oder das Bio-Gemüse – alles Luxusgüter, die sich nicht viele leisten können. Die Frage lautet also: Möchte ich meiner Seele etwas Gutes tun – bin ich es mir wert?

Vorurteil 3: Reden führt zu keiner Lösung.

Gespräch

Bild: Alex Holyoake /Unsplash

Ein Sprichwort besagt, dass sich ein Problem, wenn wir es teilen, halbiert. Allein die Tatsache, dass wir unsere Gefühle, unsere Anliegen, ausnahmslos im Mittelpunkt stehen dürfen, kann eine heilsame Erfahrung sein. Außerdem hilft ein Coach oder Therapeut dabei, neue Perspektiven aufzuzeigen: Die Bandbreite der möglichen Problemlösungen nimmt zu.

Ich gönne mir also regelmäßig einen Besuch auf der berühmten Couch – die im übrigen meistens ein einfacher Stuhl ist. Die Coachingeinheiten sind mir wichtig und bringen mich weiter. Und das bin ich mir einfach wert.