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Ein lauer Nachmittag. Ich sitze auf einer Bank in einem Park in Wien, ein Buch in der Hand. Es ist sehr warm, ich habe mir die Schuhe ausgezogen. Meine beiden Buben sitzen an einem Teich. Sie lachen viel und flüstern sich kleine Anweisungen zu. Sie bauen Labyrinthe aus Kies. Sie haben vor, kleine Fische zu trainieren. Beiden ist die maßlose Sinnlosigkeit des Unterfangens bewusst, aber es macht ihnen einfach Spaß, der Idee nachzugehen. Einmal lachen sie besonders laut auf. Ich sehe, wie der Große den Kleinen umarmt. Ihre Haut glänzt golden in dem schönen Licht. Und da fühle ich es: das Sekundenglück. Es ist ein Moment, den ich nicht vergessen werde. So schön, dass er wohl ewig nachhallen wird.

Die kleinen Freuden des Lebens

Von der Stille der Gefühle singt auch Herbert Grönemeyer in seinem Lied „Sekundenglück“. Dem Moment, an dem das Herz übergeht. Und dem man Beachtung schenken sollte, denn das ist es, worum es geht, langfristig. Bei der Betrachtung des eigenen Lebens, von Freundschaften oder auch Liebesbeziehungen. Für sein Video hat er seine Fans dazu aufgerufen, kleine Filmchen einzuschicken, die zeigen sollen, was für sie wohl Sekundenglück bedeutet.

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Wir sehen einen Meeresstrand, die Wellen. Eine Möwe, die abfliegt. Schmetterlinge, die um Lavendel flattern. Einen Sternenhimmel. Wunderschöne Landschaften. Und einen ausgelassenen Tanz, Freiheit durch Musik. Diese und viele andere kleine Szenen machen daraus eine Sammlung von allem, was den Menschen etwas bedeutet. Immer – oder aber auch nur diese kleine Zeiteinheit lang. Am Stück angeschaut, ist es ein Video vom Glück. Als Metapher dafür, wie man sich ein geglücktes Leben stricken könnte. Es ist das Sammeln der kleinen schönen Momente.

Lege dir eine Bibliothek der Glückseligkeit an

Eine kluge alte Dame hat mir einmal geraten, nicht den Fehler zu begehen, am Abend daran zu denken, was man sich wünscht. Oder was besser werden muss. So wie im Gebet. Sie meinte, es tue der Seele nicht gut, an Negatives oder Unvollkommenes zu denken vor dem Schlafengehen. Besser ist es, daran zu denken, was gelungen ist, was gut war am heutigen Tag. An Momente, an die man noch gerne öfter zurückdenken will.

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Pflegt man diese kleine Angewohnheit, legt man eine stattliche Seelenbibliothek an Schönem an, die man bei Bedarf immer wieder abrufen kann. Dieser Reichtum an guten Erlebnissen ist es, worauf es ankommen kann, was Zuversicht schafft. Und wir führen Regie, in diesem Film des Lebens, in dem wir die richtigen Szenen raussuchen und zu einem guten Ganzen machen.

Materieller Reichtum macht uns nicht glücklich

Man hört von Psychologen oder Therapeuten, dass die Menschen schon lange satt sind, was materielle Dinge betrifft. So kann der empfundene Mangel wegen eines unerreichbaren Wunschobjektes wohl traurig machen, aber der Überfluss an Dingen niemanden wirklich nachhaltig glücklich. Und sie sagen, die gute Nachricht ist, dass jeder Mensch alles bei sich hat, um dem entgegenzusteuern, sich anzugewöhnen, darauf zu achten, was Freude macht, wo man sich ganz und unbeschwert fühlt.

Oft sind das Momente, in denen man sich gar nicht bewusst ist, dass man da ist. Situationen der Selbstvergessenheit, so wie dieser traumhafte Idealzustand von spielenden Kindern. Der Moment, in dem man freudig erschrickt, wie schön er ist, nachdem man schon minutenlang darin verharrt.

Womit ich wieder bei meinen zwei Buben bin, die ihre Fischetrainingsstation fertiggestellt haben. Nun wird gestritten, weil keiner von ihnen auch nur einen einzigen Fisch da durchjagen konnte. Sie bezichtigen sich gegenseitig der bodenlosen Unfähigkeit. Wütend wird der Platz verlassen. Ich ziehe meine Schuhe an und beeile mich, hinter ihnen herzulaufen. Was als gegenseitige Jagd begonnen hat, wird schnell wieder zum Spiel, und bald lachen die beiden wieder. Plötzlich bleiben sie stehen und drehen sich um. Sie suchen mich. Ihr Blick hellt sich auf, als sie sehen, dass ich schon ganz nah bin. Mich freut das.

Da ist er, der nächste Moment, den ich sammeln kann. Das nächste Sekundenglück.

Lust auf ein Glücksexperiment?