Überleben unter Richtigmachern, Teil 7
Es gibt für uns Männer ein Kleidungsstück, das wir mehr lieben als unsere T-Shirts aus der Schule oder diese eine Kappe, die perfekt auf die Kopfform passt. Richtig. Die Jogginghose.
Jedes Jahr muss ich schmunzeln, wenn der internationale Tag der Jogginghose ansteht. Er wird als ganz besonderes Ereignis gefeiert – und mit der ihm gebührenden Gravitas (sprich: mindestens so ehrfurchtsvoll wie der Tag des Toilettensitzes und der „Talk Like a Pirate Day“).
Ich kann diese jäh aufflammende Eintagsliebe nicht teilen. Bei mir ist das Alltag. Zugegeben, das Sportlichste, was meine Jogginghosen jemals erlebt haben, war der Schleudergang in der Waschmaschine. Und wehe, es sind alle gleichzeitig in der Trommel! Mein Leben verliert sofort an Sinn und Halt. Ich versinke in einem tiefen Loch der Verzweiflung. Oft sitze ich dann vor der Trommel und zähle die verbleibenden Minuten des Waschgangs. Geht die Maschine in den Schleudergang über, werde ich nervös. Da ist es mir auch schon passiert, dass ich das schmerzhaft entbehrte Beinkleid unmittelbar nach der Waschtortur angezogen habe. Halbnass? Pah! Muss man tragen können. Hat was von Leggings.
Wer mich in der Jogginghose nicht liebt, hat mich im Tanga nicht verdient.
Auf der Bühne trage ich vorwiegend schöne Kleidung mit gebügelten Hosen. Eine Jogginghose hingegen darf nicht sauber sein. Ohne den obligaten Gulaschfleck ist eine Jogginghose nur eine billige Kopie der Gemütlichkeit. Ich habe schon ernsthaft daran gedacht, den Kabarettberuf an den Nagel zu hängen und Handballtorwart zu werden. Da könnte ich die Jogginghose auch beruflich tragen.
Jogginghosen sind auch das beste Kleidungsstück für einen Marathon – etwa für „Breaking Bad“, „Game of Thrones“ und „Better Call Saul“.
Gewiss, in vielen Familien bildet die Jogginghose den Ausgangspunkt einer hausgemachten Ehekrise. Anderseits denke ich mir: Wer mich in der Jogginghose nicht liebt, hat mich im Tanga nicht verdient.
Ich liege also auf der Couch, und mein innerer Schweinehund taxiert mich mit diesem ganz speziellen Blick. Ich kenne das. Es soll heißen: „Die Butter in der Küche läuft mehr als du!“ Das schmerzt, aber ein Stück Schokolade tröstet mich vorerst ausgezeichnet über die Beleidigung hinweg – bis der Schweinehund nachlegt: „Deine Hose heißt Jogginghose, nicht Couchhose. Der Sinn des Teils steckt im Namen!“ Verdammt, er hat recht.
Da ich mitunter ein risikofreudiger Mensch bin, wage ich das Experiment. „Gut, Thomas“, sage ich zu mir, „dann führst du deine Hose jetzt ihrer Bestimmung zu!“
Nach einer halben Stunde bin ich wieder zurück. Meine Jogginghose ist durchgeschwitzt. Sie darf noch ein paar Bonusrunden in der Waschmaschine drehen. Andere Details erspare ich Ihnen …
Lassen Sie es mich so sagen: Man kann mit einer Jogginghose tatsächlich joggen. Aber Netflix schauen kann man damit auch.