Warum Gendermedizin so wichtig ist
Was du für deine Gesundheit wissen solltest: Bei manchen Notfällen weisen Frauen andere Symptome auf als Männer. Außerdem wirken Medikamente bei Frauen durch die Zyklushormone oft anders. Wir zeigen, warum es Gendermedizin braucht.
Ein Schnupfen ist ein Schnupfen, ganz egal, ob die Nase, die gerade rinnt, in einem männlichen oder einem weiblichen Gesicht prangt – oder etwa nicht? Braucht es da tatsächlich spezielle Frauenmedizin bzw. Gendermedizin, abgesehen vom gynäkologischen Bereich? Spoiler: Ja.
Und zwar deshalb, weil Männerkörper und Frauenkörper unterschiedlich funktionieren und dieser Umstand lange ignoriert wurde. Viele medizinische Erkenntnisse und Behandlungsstandards basieren hauptsächlich auf männlichen Patienten, denn historisch gesehen wurden klinische Studien hauptsächlich mit Männern gemacht bzw. waren Frauen unterrepräsentiert.
Die Gründe dafür sind schnell erklärt: Der weibliche Körper ist zyklusbedingten hormonellen Schwankungen ausgesetzt, was sich wiederum auf die Verstoffwechselung von Medikamenten auswirken kann. Insofern hat man überwiegend männliche Probanden eingesetzt. Dass Frauen schwanger werden und getestete Medikamente das Ungeborene schädigen können, hat ebenfalls zur Unterrepräsentation von Frauen in Versuchsreihen geführt.
Eine Behandlung für alle – unabhängig vom Geschlecht? Klappt also nicht.
Medikamente können bei Frauen und Männern unterschiedlich wirken. Das hat u.a. mit den bereits erwähnten Unterschieden im Stoffwechsel und in den Hormonen zu tun. Aber auch ein oft niedrigeres Körpergewicht und ein unterschiedliches Verhältnis von Muskelmasse zu Fettanteil beeinflussen, was mit dem Medikament im Körper passiert.
Viele medizinische Erkenntnisse basieren hauptsächlich auf männlichen Patienten, denn historisch gesehen wurden klinische Studien hauptsächlich mit Männern gemacht bzw. waren Frauen unterrepräsentiert.
Welche medizinischen Mann-Frau-Unterschiede sollte ich kennen?
Gendermedizin heißt nicht, dass Frauen andere Medikamente als Männer brauchen. Aber Ärzt:innen müssen sehr genau auf mögliche Nebenwirkungen achten, die bei Männern selten oder gar nicht auftreten – und sich zu Beginn oft erst an die optimale Dosierung „herantasten“, um bei weiblichen Patientinnen nicht überzudosieren.
1. Erkenne Herzinfarkt-Symptome schneller
Frauen erleiden zwar nicht häufiger einen Herzinfarkt als Männer – dafür sterben sie statistisch gesehen eher daran bzw. sind ihre Chancen auf Genesung schlechter.
Warum? Oft wird wertvolle Zeit verloren, weil Frauen ihre Symptome falsch deuten. Die für Männer typischen Herzinfarkt-Anzeichen gelten für sie oft nicht.
„Männer erleben oft einen Druck auf der linken Brust, Atemnot und Schmerzen, die in den Arm ausstrahlen. Bei Frauen sind die Symptome oft verschleierter und diffuser. Viele klagen über Müdigkeit, Schlafstörungen und eine deutliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Auch Kieferschmerzen, Atemlosigkeit oder Verdauungsbeschwerden können Anzeichen sein“, erklärt Kardiologin Dr. Jeanette Strametz-Juranek, Primaria im Reha-Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Pensionsversicherung (PV) in Bad Tatzmannsdorf.
Für dich wichtig: Bei Atemnot, einem wiederkehrenden Druck am Herzen und eingeschränkter Leistungsfähigkeit unbedingt schnell einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen.
„Auch Kieferschmerzen, Atemlosigkeit oder Verdauungsbeschwerden können Anzeichen für einen Herzinfarkt bei Frauen sein.“
Dr. Jeanette Strametz-Juranek, Reha-Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen der PV in Bad Tatzmannsdorf
Diese Dehnübung senkt das Herzinfarktrisiko nachweislich
Weil diese Dehnübung, wenn man sie regelmäßig zwei Minuten lang macht, das Herzinfarktrisiko nachweislich senken kann. Weiterlesen...
2. Deute Schlaganfall-Vorboten richtig als Frau
Auch bei Schlaganfall können die Symptome von Mann und Frau abweichen und die Vorboten bei Frauen weniger „eindeutig“ sein.
Generelle Anzeichen eines Schlaganfalls sind:
Sprachstörungen oder Sprechstörungen
Taubheitsgefühle in Armen, Beinen oder einer ganzen Körperseite.
Schwindel und unsicherer Gang
Sehstörungen: Man sieht z.B. Doppelbilder oder verschwommen.
Plötzliche Kopfschmerzen mit Übelkeit
Diese Schlaganfall-Symptome treten zusätzlich bei Frauen auf:
Eine australische Studie der Universität von New South Wales hat gezeigt: Frauen sind bei Anzeichen eines Schlaganfalls häufiger von ...
Inkontinenz
Bewusstlosigkeit
Schluckstörungen
Glieder- und Gelenkschmerzen
Atemnot
betroffen als Männer.
Für dich wichtig: Beim kleinsten Verdacht auf Schlaganfall sofort den Notruf wählen – um keine wichtige Zeit zu verlieren.
Frauen sind durch die Schwankungen im Hormonhaushalt doppelt so häufig von Depressionen betroffen wie Männer.
Alternativmedizin richtig kombinieren: 3 Welten, ein Weg
Provozieren, um zu heilen. Welche wohldosierten Reize braucht der Organismus dafür? Und wie kann Alternativmedizin uns auf dem Weg zu mehr Wohlbefinden begleiten? Heilpraktiker Hans Kothbauer über den ganzheitlichen Blick auf den Menschen. Weiterlesen...
3. Rede Depressionen nicht klein
In Österreich leiden laut dem Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP) rund 730.000 Menschen an Depressionen.
Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Das zeigt auch eine repräsentativ durchgeführte Studie der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie der MedUni Wien aus dem Jahr 2017, die ergab, dass eine Depression bei 12,6 Prozent der Frauen und 7,4 Prozent der Männer auftritt.
Eine der Ursachen ist in den Hormonschwankungen zu finden. Durch die Zyklusphasen, aber auch durch Schwangerschaft, Stillzeiten und Menopause gibt’s wesentlich mehr Auf und Ab als bei Männern.
Dieser Umstand, so wird vermutet, ist auch dafür verantwortlich, dass Frauen empfindlicher auf Stress reagieren als Männer. Genauer gesagt wird eine Hyperaktivität im Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-System beobachtet, das ist eine Art Stressreaktionskette im Körper. Dass Frauen auch mehr sozialen Risikofaktoren für Depression ausgesetzt sind – Stichwort: Mehrfachbelastung durch Haushalt, Kinderbetreuung, Beruf, falsche Körperideale in den Medien – spielt ebenfalls eine Rolle.
Für dich wichtig:
Lege Ruhepausen ein. Und stelle die eigene Erholung nicht hintan. „Depression ist eine psychische Erkrankung, kein individuelles Versagen“, stellt Univ.-Prof. Dr. Beate Wimmer-Puchinger, Präsidentin des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) klar. Auch eine gesunde, ausgewogene Ernährung kann vorbeugend wirken, denn Darm und Hirn hängen stark zusammen.
Anzeichen ernst nehmen. Typische Anzeichen für eine Depression – bei Frauen – sind wochenlange Niedergeschlagenheit, Lethargie, Antriebs- und Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Herzrasen, Verdauungsprobleme. Bei Männern treten zusätzlich Reizbarkeit, Aggressivität, erhöhtes Risikoverhalten bzw. verstärkter Alkohol- und Drogenkonsum auf. In Fachkreisen spricht man von „Male Depression“. Man erkennt damit an, dass Männer oft andere Symptome zeigen. Prinzipiell gilt: Früh einen Arzt aufsuchen. Denn je länger eine Depression andauert, umso länger dauert es auch, bis man auf eine Therapie anspricht.
Depression, Angst, Burnout? Reden wir darüber!
Mit ihrem neuen Podcast „Im Rausch des Lebens“ treten die Künstlerin Verena Titze und der Sucht-Experte Prof. Michael Musalek an, um Mental Health Themen zu enttabuisieren. Wir finden: Zeit wird's – und baten Verena, das Projekt vorzustellen. Weiterlesen...
4. Schütze deine Knochen mit Sport und Ernährung
Bis zum ca. 30. Lebensjahr bauen wir Menschen Knochenmasse auf. Im Normalfall bleibt diese dann konstant, bis wir ca. 50 Jahre alt sind – danach nimmt sie ab.
Aber: Bei Frauen kann der Abbau wesentlich schneller vor sich gehen. Denn mit Eintritt der Menopause und dem Abfall von Östrogen und anderen Hormonen, die die Knochen schützen, steigt das Risiko für Osteoporose.
Frauen haben sogar ein viermal (!) höheres Risiko für Knochenschwund: In Österreich sind ca. 370.000 Frauen und nur 90.000 Männer betroffen – so die Österreichische Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel.
Für dich wichtig:
Regelmäßig Sport treiben. Wer Bewegung in den Alltag integriert, baut schützende Muskelmasse auf – und trainiert auch die Knochen, was wiederum ihren Abbau verlangsamt. Ideal sind Widerstandstraining in Kombination mit Joggen, zügigem Gehen oder Aerobic.
Knochenstärkende Ernährung. Wichtig sind Calcium (steckt viel in dunkelgrünem Blattgemüse und Milchprodukten), Magnesium, B-Vitamine, Omega 3, Vitamin K, Zink, Jod und Mangan. Obendrein gilt es, Calciumräuber zu vermeiden – dazu zählen eine Übersäuerung des Körpers, chronischer Stress, Koffein, Phosphate in Fertigprodukten, Zucker und Alkohol.
Täglich eine Dosis Sonnenlicht. Die Knochen brauchen Vitamin D. In den Wintermonaten kann man hier zu Vitamin-D-Tropfen aus der Apotheke greifen.
Knochenbrühe: Das gesündeste Gericht der Welt
Ich verwöhne meinen Darm, festige meine Knochen, schmiere meine Gelenke, glätte meine Haut und stärke mein Immunsystem. Außerdem werde ich Löffel für Löffel schöner. Weiterlesen...