Was Pilates wirklich ist – und was nicht
So wie Yoga – nur ohne Om? Zu langsam in der Bewegung? Etwas für biegsame Ballett-Bodys? Oder doch ein anspruchsvolles Training, bei dem gleich ganze Muskelgruppen aktiviert werden? Wir haben nachgebohrt.
Supersportlich war unsere umtriebige Expertin schon immer, aber ihre erste Pilates-Stunde, die war ein „Life Changing Moment“: „Kennt ihr das Gefühl, angekommen zu sein? Pilates war perfekt für mich: effizient, effektiv, unkompliziert, abwechslungsreich, fokussiert und fokussierend, fordernd und rehabilitativ. Ich trainierte gelenkschonend Kraft, Beweglichkeit, Balance und Koordination gleichzeitig, konnte funktionale Bewegungsabläufe verbessern, dysfunktionale Muster ändern“, erinnert sich Gudrun Kohla.
Kennt ihr das Gefühl, angekommen zu sein? Pilates war perfekt für mich.
Pilates-Trainerin Gudrun Kohla
„Binnen weniger Monate verschwanden meine Rückenprobleme und die Nachwehen diverser alter Sportverletzungen. Meine Haltung verbesserte sich, die Bikinifigur gab’s als Nebeneffekt dazu. Und das alles mit geringem Zeitaufwand – perfekt für mein dichtes Leben mit Kindern, Management-Job und gefühlt immer zu wenig Zeit.“
Meine Rückenprobleme verschwanden, meine Haltung verbesserte sich, die Bikinifigur gab’s als Nebeneffekt dazu.
Die Trainerausbildungen – es sind viele und auf ihrer Website nachzulesen – waren der nächste logische Schritt. Seit 2015 unterrichtet sie regelmäßig Pilates Matten- und Gerätestunden in Gruppen und Personal Training, 2018 eröffnete sie ihr eigenes Studio im 3. Bezirk nahe Wien Mitte. Wir haben Gudrun gefragt, mit welchen Vorurteilen und Irrtümern sie oft konfrontiert wird.
Vorurteil 1: Pilates ist kein richtiger Sport
Ja, okay: Manche Übungen sehen von außen betrachtet so aus, als würden ein paar Leute am Boden rumkugeln und mit Armen und Beinen die Luft umrühren. Und dann auch noch so lächerlich wenige Wiederholungen, also wirklich, wo bleibt da die Herausforderung? Weit gefehlt. Pilates ist anstrengend. Sehr anstrengend sogar, wie vermutlich jeder bestätigen kann, der es praktiziert.
Du wirst vermutlich dabei Muskeln entdecken, die du noch nie zuvor gespürt hast.
Kohla: „Du wirst vermutlich dabei Muskeln entdecken, die du noch nie zuvor gespürt hast. Die gute Nachricht: Wie anstrengend dein Pilates-Training ist, bestimmst letztlich du. Die Übungen lassen sich unter Anleitung eines erfahrenen Trainers wunderbar an deine körperlichen Voraussetzungen und Ziele anpassen.“
Vorurteil 2: Pilates ist nur was für Frauen
Das findet die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft nicht, ebenso wenig wie Stars wie Tiger Woods oder Dirk Nowitzki. Immer mehr Männer finden ihren Weg in die Studios und werden oft zu den leidenschaftlichsten Trainierenden.
Du findest darin Elemente aus verschiedensten Sportarten, u. a. Yoga, Boxsport und Functional Training.
Was sie an Pilates begeistert, ist, dass ihnen das Training die Mobilität, Flexibilität und Core-Kraft gibt, die sie in actiongeladenen oder auf extreme Ausdauer ausgerichteten Sportarten vermissen – außerdem ist es die perfekte Voraussetzung zur Leistungssteigerung. Kohla: „Du findest darin Elemente aus verschiedensten Sportarten, u. a. Yoga, Boxsport, Functional Training und dem, was man heute als ‚Animal Flow‘ bezeichnet. Gar nicht so unmännlich, oder?“
Vorurteil 3: Pilates trainiert nur Rücken und Bauch
Stimmt, einer der Schwerpunkte liegt auf der Kräftigung der tiefliegenden Rumpfmuskulatur, oft auch als „Powerhouse“ bezeichnet. Tut dem Rücken ungemein gut und formt eine schöne Silhouette mit flachem Bauch und schlanker Taille. Hat doch was, oder? Aber Pilates kann noch viel mehr.
Du trainierst den ganzen Körper Beine, Arme, Po, Schultern, Nacken, Hand- und Fußgelenke und dein ‚Powerhouse‘.
Die Expertin: „Du trainierst den ganzen Körper: Beine, Arme, Po, Schultern, Nacken, Hand- und Fußgelenke und dein ‚Powerhouse‘, du bewegst jedes einzelne Segment deiner Wirbelsäule in allen Bewegungsebenen und -richtungen.“ Das Repertoire umfasst also Übungen von – im wahrsten Sinn des Worts – der Nasenspitze bis zur kleinen Zehe. Eines der ersten Geräte, das Joseph Pilates entwickelt hat, war übrigens ein „Foot Corrector“.
Vorurteil 4: Pilates ist nur etwas für Bewegliche
Definitiv nein. Es fördert deine Beweglichkeit, es setzt aber kein besonderes Maß davon voraus. Und mit stundenlangem Stretching hat es gar nichts zu tun. Pilates zielt vorrangig darauf ab, deine Mobilität, zu verbessern, also den von dir aktiv muskulär gesteuerten Bewegungsumfang deiner Gelenke, innerhalb dessen du dich sicher bewegen kannst. Kein äußerer Druck, kein Zug, kein wildes Wippen. Du bestimmst, wie weit du gehen kannst und willst.
Vorurteil 5: Alles so langsam und fließend – gähn! Wo bitte ist da der Trainingseffekt?
Es gibt mittlerweile viele unterschiedliche Formen des Pilates-Trainings, vom New York Style mit seiner klassischen, relativ starr vorgegebenen dynamischen Übungsabfolge über Stile, die Wert auf betont langsame und fließend ausgeführte Bewegungen legen, bis hin zum mit fetziger Musik unterlegten, Cardio-artigen Pop Pilates.
Versuch mal im Zeitlupentempo eine Stiege hochzusteigen oder geh betont langsam in die Hocke. Alles klar?
Schneller ist aber nicht unbedingt besser, meint Trainerin Kohla: „Je langsamer und präziser du eine Bewegung ausführst und steuerst, desto mehr muskuläre Kontrolle und Kraft ist dafür erforderlich, weil der Schwungimpuls dir keine Arbeit abnehmen kann. Versuch mal, im Zeitlupentempo eine Stiege hochzusteigen oder geh betont langsam in die Hocke. Alles klar?“
Glute Bridge: Mit dieser Übung stärkst du Rücken, Oberschenkel und Po
Der „Beckenheber“ oder „Glute Bridge“ ist die ideale Übung, um die hintere Muskelkette des Körpers zu stärken. Also: Po, hintere Oberschenkel und die untere Rückenmuskulatur. Die neutrale Stellung des Beckens entlastet dabei die Lendenwirbelsäule ungemein. Auch der Nacken wird sanft gedehnt. Weiterlesen...
Was Pilates wirklich ist
1. Ein tiefgehendes Ganzkörper-Training
Du lernst, deinen gesamten Körper aus einer dynamisch-starken Mitte heraus kontrolliert, fließend und kraftsparend in allen Ebenen und Richtungen zu bewegen. Die Methode wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Joseph Pilates, einem leidenschaftlichen Sportler und Bewegungsanalytiker, entwickelt.
2. Das perfekte Bodyshaping-Programm
Es formt einen starken, gleichmäßig trainierten Körper mit schön definierten langen, schlanken Muskeln. Deine Haltung verbessert sich, dein Körper richtet sich auf.
3. Ein Wahrnehmungsschärfer, körperlich wie mental
Das Training hilft dir, deine Bewegungsmuster zu erkennen und zu optimieren. Du kräftigst deine Körpermitte und trainierst auch die tiefliegende, skelettnahe Muskulatur. Das unterstützt eine gleichmäßige Belastungsverteilung auf die gesamte Wirbelsäule und schützt deine Bandscheiben. Oft verbessern sich Rückenprobleme. Auch muskuläre Dysbalancen, häufig die Ursache von Schmerzen, können ausgeglichen und myofasziale Verklebungen gelöst werden.
4. Effektiv. Effizient. Unkompliziert.
Und das alles mit geringem Zeitaufwand, praktisch null Materialeinsatz und Equipment, jederzeit und überall, auch alleine zu Hause, ausführbar. Das Einzige, was ihr braucht, ist etwas Konsequenz.
5. Für alle: Diversity in motion!
Die Übungen lassen sich an jeden Fitnesslevel und jedes persönliche Ziel anpassen. Pilates-Guru Kohla: „Mein jüngster Kunde ist 16, mein ältester 78. Die Palette reicht von Rücken-, Schulter oder Nackenschmerz-Geplagten über Menschen, die einfach Freude an regelmäßigem Training haben bis hin zu Sportlern, die sich auf einen Wettkampf vorbereiten.“