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Die Harvard Universität erforscht seit 81 Jahren in einer Studie, was uns gesund und glücklich alt werden lässt. Die Beatles wussten die Antwort schon 1967. Wir wissen sie heute. Es gibt diese Momente, in denen das, was sich immer schon irgendwie richtig angefühlt hat, aber dann doch zugleich auch lächerlich schien, naiv wie blauäugig-esoterisches Hippie-Wuwu-Zeug, das also, was sich so diffus richtig angefühlt hat, ja eigentlich, streng genommen, nicht richtig sein konnte oder richtig sein durfte, es gibt also diese Momente, in denen dieses Zeug plötzlich offiziell richtig ist – für ein glückliches Leben.

So richtig richtig. Mit einem erwachsenen, durch und durch seriösen wissenschaftlichen Haken dahinter, mit weißem Kittel, mit Professorentitel und TED-Talks. Das sind eigenartige Momente. Denn in diesen Momenten, wenn du es schaffst, kurz innezuhalten, gehen in deinem Kopf Lebenstüren auf.

Du denkst dann: „Wenn das wirklich stimmt, was bedeutet das für all die anderen Dinge in der Welt, die sich richtig anfühlen, aber offiziell nicht richtig sein können oder sein dürfen? Stimmen die auch irgendwann?“ Und du denkst: „Was heißt das für mein Leben jetzt eigentlich, also: Was bedeutet es wirklich?“ Solche Momente, wenn du sie zulässt, können dein Leben ändern. Über so einen Moment wollen wir heute sprechen.

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So einen Moment kannst du erleben, wenn du dich mit der sogenannten Harvard Study beschäftigst. Das ist die am längsten laufende wissenschaftliche Studie der Welt. Sie versucht seit 1939 herauszufinden, was ein gesundes, langes, glückliches, ein „geglücktes“ Leben ausmacht.

Man nahm einige hundert Studenten der amerikanischen Elite-Universität Harvard und einige hundert junge Männer aus weniger privilegierten sozialen Schichten in Boston und begann, deren Leben zu begleiten. Man vermaß ihre Jahre akribisch, man befragte die Studienteilnehmer und ihre Familien – bis hin zu Erhebungen, ob die Teilnehmer als Kinder Bettnässer gewesen waren.

Wenn du im Kirchenchor singst, beim Kegelclub, der Betriebsfußballmannschaft und dem Mittwochsstricken dabei bist super.

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Man analysierte dem wissenschaftlichen State of the Art entsprechend Blut- und Fettwerte, erfasste die Leistungsfähigkeit sämtlicher Organe, stellte psychologische Tests an, untersuchte das Familien- und Sozialleben der Teilnehmer sowie ihre beruflichen Karrieren, ließ sie vor laufender Kamera mit ihren Ehepartnern heikle Themen diskutieren, das alles ab 1939 regelmäßig, über Jahrzehnte hinweg, bis heute. Man begann irgendwann, auch die Kinder der ursprünglichen Probanden in die Studie zu integrieren.

Wissenschaftliche Studien sind wahnsinnig aufwendig und entsprechend teuer, üblicherweise laufen sie über Wochen, Monate, in Ausnahmefällen ein paar Jahre. (Und in betrüblich vielen Fällen werden sie von jemandem finanziert, der dieses erhebliche Investment mit der Hoffnung auf, sagen wir, gewisse Tendenzen in den Ergebnissen verbindet.)

Die Harvard Study of Adult Development läuft seit 81 Jahren. Es ist die am längsten laufende Studie der Wissenschaftsgeschichte. Sie hat Tonnen und Abertonnen an über jeden Zweifel erhabenen Daten erhoben. Heute ist man ziemlich sicher, die Antworten auf die zwei wichtigsten Fragen unseres Lebens zu kennen:

  • Frage eins: Was ist also der eine, der wichtigste Grund für ein gesundes, langes und glückliches Leben? Nicht rauchen? Das Gewicht halten? Regelmäßig Sport machen? Viel Bewegung an der frischen Luft? Wenig Alkohol trinken?Alles wichtig (leider auch das mit dem Alkohol). Aber nichts davon ist das Wichtigste.
  • Frage zwei: Und was ist der eine, der wichtigste Grund für ein glückliches, geglücktes Leben? Viel Geld verdienen? Ein großes Haus, ein tolles Auto besitzen, eine kluge Frau und/oder einen schönen Mann? Gebildet sein, kunstsinnig, weltoffen, humorvoll? Klingt alles wichtig, dabei ist manches davon sogar ziemlich unwichtig.

Es gibt eine Sache, die ist mächtiger als alles andere. Es geht in unserem Leben, in Wissenschaftssprache verspreizt, „um die Qualität unserer engsten sozialen Kontakte“.

Es geht vor allem darum, wie gut wir uns mit unserem Lebenspartner verstehen. Unsere engste Lebensbeziehung ist der wichtigste Faktor für Lebensglück, für Gesundheit und Langlebigkeit. Dann, mit kleinem Abstand, geht es darum, wie gut es in unserer Familie insgesamt läuft, ob wir echte Freunde haben (wie viele ist übrigens ziemlich egal) und ob wir in unsere Gesellschaft eingebunden sind (wenn du im Kirchenchor singst, beim Donnerstagskegelklub, der Betriebsfußballmannschaft und dem Mittwochsstricken dabei bist: super).

Das ist das Wichtigste in unserem Leben. Man könnte, ein wenig blümchenhaft zusammengefasst, sagen: Es geht um Liebe. All you need is love. Vergiss die Präsentation nächste Woche, vergiss deine Halbmarathon-Bestzeit, und vergiss diesen extrem geilen blauen Pullover. Nichts davon ist wirklich wichtig. All you need is eine glückliche Partnerschaft, good vibes in der Familie und jeden Donnerstag mit Freunden kegeln gehen.

Liebe macht uns so gesund und glücklich, wie das kein grüner Smoothie jemals schaffen wird.

Das ist das Kondensat der 81-jährigen Lebensglückserforschung der Weltspitzenuniversität Harvard. Liebe macht uns so gesund und glücklich, wie das kein grüner Smoothie jemals schaffen wird. Das gilt übrigens, nicht so gute Nachricht, auch umgekehrt:

Einsamkeit, Ablehnung, Hass, Distanz machen uns krank. Lieblosigkeit ist toxisch. Der aktuelle (mittlerweile vierte) Leiter der Studie, Robert J. Waldinger, sagt: „Einsamkeit tötet so wirkungsvoll wie das Rauchen oder Alkoholismus.“

Waldinger sagt: In einer Familienfehde zu leben kostet unglaublich viel Lebensenergie. Und er sagt auch: Geschieden zu sein ist natürlich nichts, was deiner Gesundheit wahnsinnig guttut, aber unglücklich verheiratet zu bleiben ist noch ein ganzes Eck schädlicher. Wobei (wichtig, bevor du deinen Anwalt anrufst, weil du die offene Zahnpastatube im Badezimmer nicht mehr packst): „Unglücklich“ ist eine Ehe nicht dann, wenn die beiden Ehepartner streiten.

Meinungsverschiedenheiten sind egal. Wichtig ist die echte, aufrichtige, tiefe Verbindung zwischen zwei Menschen, dieses Grundwissen, dass man sich auf den anderen verlassen kann. Waldinger hat eine recht hilfreiche, praktische Beschreibung einer guten Ehe: Man sollte sich sicher fühlen, wenn man sein Innerstes teilt. Man sollte verwundbar sein dürfen. Man sollte in dieser Beziehung entspannen können und so sein können, wie man ist. Das ist dann Liebe.

Dafür sollten lieblose Partnerschaften Warnaufkleber tragen wie Zigarettenpackungen. (Es gibt ganz viele weitere Erkenntnisse der Studie, zum Beispiel, dass man bei 50-jährigen Männern die Lebenserwartung vorhersagen kann, wenn man weiß, wie glücklich sie verheiratet sind, und zwar präziser als durch die Analyse von labortechnischen Risikofaktoren wie dem Cholesterinspiegel.

Dass das Gedächtnis von Menschen nachlässt, wenn ihre Beziehung zum Vergessen ist. Dass dir regelmäßige körperliche Bewegung, Nichtrauchen, wenig Alkohol und kein Übergewicht gesunde Lebensjahre schenken und dass dich Armut und schlechte Bildung zehn gesunde Lebensjahre kosten.) Wenn du alles ganz genau wissen möchtest: adultdevelopmentstudy.org ist die offizielle Website der Studie. Und der TED-Talk von Robert Waldinger ist die kürzeste und kurzweiligste Quelle für vertiefende Infos zur Studie.

Man sollte sich sicher fühlen, wenn man sein Innerstes teilt. Man sollte verwundbar sein dürfen. Das ist Liebe.

Was heißt das für mein Leben jetzt wirklich? Wenn du das alles, was du jetzt gelesen hast, ernst nimmst, fühlt sich das wahrscheinlich reichlich unbequem an. Wie jeder sehr einfache, aber wirklich tiefgehende Gedanke unbequem ist. Weil er in jedes Detail deines Lebens Existenzfragen bohrt.

Darf ich in meiner Beziehung so richtig ich sein? Mit all meinen Schwächen und Unzulänglichkeiten? Darf ich mich sicher fühlen, wenn ich meine Ängste und Verwundbarkeiten preisgebe? Bin ich in der Gegenwart meines Lebenspartners geborgen? Also: wirklich? Tu ich genug, um mich mit meiner Familie gut zu verstehen? Auch mit der nervigen Tante Trude? Und was bedeutet das, wenn ich auf diese Fragen nicht mit Ja antworten kann? Was tu ich dann?

Frau und Hund im Herbst lachend auf Wiese.

Glück kann man trainieren

Die Positiv-Denker-Bewegung der 80er Jahre ist zwar gegessen, dennoch strebt wohl jeder nach ein Quäntchen mehr Glück. Und das kann man üben. Wie das geht, weiß Glückstrainerin Heidi Smolka. Weiterlesen...

Soll ich die Tante Trude anrufen, um mir ihre ewig gleichen, öden Geschichten vom verstorbenen Onkel Alfred anzuhören? Macht mich mein Partner durch seine Unaufmerksamkeit krank? Ist mein liebloser Partner schuld, wenn ich krank werde oder früher sterbe? Bin ich ein Opfer, wenn ich bei ihm bleibe, weil ... nun ja, weil ich halt bleibe?

(Die richtigen Antworten, übrigens, du kennst sie ohnehin: Ja auf die Tante-Trude-Frage. Nein auf die Partner-ist-schuld-Frage. Er ist natürlich nicht schuld. Du bist es. Du hast es ja zugelassen.) Und: Was bedeutet das, wenn wir unsere Alten von der Gesellschaft wegsperren, um sie zu schützen? Wenn sie ihre Kinder, ihre Enkel, ihre Freunde wochenlang nicht sehen dürfen? Schützen wir unsere Großeltern gerade zu Tode?

Ich weiß es nicht. Aber es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass wir jetzt wissen: Nichts auf der ganzen Welt ist so gesund, wie zu lieben und geliebt zu werden für ein glückliches Leben.