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Auch wenn man vielleicht selbst noch nie in einer Yoga-Stunde war: Begriffe wie „Sonnengruß“, „Herabschauender Hund“, „Namaste“, „Om“ und „Lotussitz“ hat jeder schon einmal irgendwo gehört. Doch was ist Yoga eigentlich? Woher kommt es? Was ist das Ziel der jahrtausendealten Lehre?

Bei der Suche nach Antworten kann man sich schnell in einem Dschungel aus Sanskrit verirren; und wenn man der altindischen Sprache nicht mächtig ist, versteht man am Ende gar nichts mehr. Wir klären die wichtigsten Fragen und warum Yoga nichts mit Religion zu tun hat, obwohl seine Wurzeln im Hinduismus liegen.

Was bedeutet das Wort „Yoga“ eigentlich?

„Yoga“ bedeutet so viel wie „Verbindung“, „Vereinigung“, „Harmonie“. Das Ganze leitet sich vom Sanskrit-Wort yuj ab, das das Anbinden von Zugtieren vor einen Wagen bezeichnet. Im übertragenen Sinn wird damit zum Ausdruck gebracht, dass man den Körper an die Seele „anspannt“, sich konzentriert und sammelt, um eins mit dem Bewusstsein zu werden.

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  • Kurz: Yoga ist eine Lebensphilosophie und beinhaltet weit mehr als nur Körperübungen, die uns dehnen und gelenkiger machen.

Yoga ist eine Lebensphilosophie und beinhaltet weit mehr als nur Körperübungen, die uns dehnen und gelenkiger machen.

Wann ist Yoga entstanden?

Wer hat’s erfunden? Als Ursprungsland gilt Indien, darin sind sich alle einig. Schwieriger wird es schon, die Geburtsstunde des Yoga festzulegen. Ausgrabungen im Industal – einem Gebiet im heutigen Pakistan und im Nordwesten Indiens – haben Figuren im Lotussitz zutage gebracht, die rund 5.000 Jahre alt sein sollen. Schriftlich erwähnt wurde Yoga dann erstmals vor rund 3.500 Jahren in den Veden (den weisen indischen Schriften).

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Darin ist von heiligen Männern die Rede, die meditieren, ihren Atem kontrollieren und sich in Askese üben. Auf Körperübungen schien damals kaum Wert gelegt worden zu sein: Die wenigen Asanas, die beschrieben sind, dienten eher dazu, den Körper auf die langen Meditationen vorzubereiten.

Hinduismus, Buddhismus: Wie viel Religion steckt im Yoga?

Auch wenn Hinduismus und Buddhismus die Yoga-Philosophie geprägt haben bzw. selbst vom Yoga beeinflusst wurden – Yoga ist keine Religion. Das Ganze enthält zwar spirituelle Elemente, aber diese sind stets konfessionsübergreifend.

  • Das heißt: Alle sind willkommen. Man muss sich keiner Gemeinschaft anschließen und keinen speziellen Glaubenssätzen folgen. Es gibt keine Priester, Tempel und auch keine fixen Rituale. Viele der frühen Hatha-Texte enthalten bewusst keine Mantras oder Gebete, um Glaubensdiskussionen vorzubeugen.

  • In Indien selbst spricht man oft vom „säkularen Yoga“, das rein der Gesundheit und dem Wohlbefinden dient.

  • Das „spirituelle Yoga“ wiederum soll dabei unterstützen, mehr in die Tiefe der eigenen Seele einzutauchen – aber niemals dazu, ein besserer Buddhist oder Hindu zu werden

Was ist das große Ziel der Yoga-Lehre?

Spannende Frage. Jedenfalls geht’s nicht darum, die Gelenkigkeit eines Zirkusakrobaten zu erreichen. Das ist allenfalls ein netter Nebeneffekt. Ziel ist vielmehr ein achtsamer Umgang mit dem Körper und mit dem inneren Selbst. Yoga will Körper, Geist und Seele in ein Gleichgewicht bringen. Durch spezielle Übungen soll unsere Lebensenergie (Prana) stimuliert werden und in die Energiezentren (Chakras) fließen.

Ein gutes Bild dazu findet man in den indischen Upanischaden-Schriften, wo das Leben als eine Reise in einer Pferdekutsche beschrieben wird:

  • Unser Körper steht für die Kutsche. Damit dieses Gefährt gut in Schuss bleibt und alles wie geschmiert läuft, bedarf es regelmäßiger körperlicher Übungen. Man muss sich aber auch um die Pferde kümmern, die alles ziehen.

  • Die Pferde, das sind unsere fünf Sinne und unsere Emotionen. Diese gilt es bei Bedarf zu zügeln oder anzutreiben – und hier kommt unser Verstand als Kutscher ins Spiel. Er versucht, alles in Balance zu bringen und eine möglichst holperfreie Reise zu garantieren.

  • Die Seele wiederum ist der Fahrgast. Schafft man es, mit ihr in Kontakt zu treten, merkt man, dass das Ziel zu jeder Zeit bereits erreicht ist. Man wird gelassener und glücklicher.

Yoga will Körper, Geist und Seele in ein Gleichgewicht bringen.

Was hat Yoga mit Ayurveda zu tun?

Die beiden verfolgen generell ein ähnliches Ziel: Balance ins Leben zu bringen. Sie ergänzen sich in vielen Punkten. Schon in alten indischen Schriften gab es immer wieder Querverweise von Yoga auf Ayurveda und umgekehrt. Während jedoch Yoga die Einheit von Körper und Geist anstrebt – mit dem Ziel, den Verstand klarer werden zu lassen –, setzt die traditionelle Heilkunst Ayurveda verstärkt auf Massage- und Reinigungsrituale sowie eine spezielle Ernährungslehre.

Wer war B.K.S. Iyengar, und wieso hat er einen Yoga-Boom im Westen ausgelöst?

B.K.S. Iyengar (sein voller Name lautet Bellur Krishnamachar Sundararaja Iyengar) war ein indischer Yogalehrer, der in den 1930er-Jahren Hatha-Yoga auf unkonventionelle Weise weiterentwickelte: Er begann mit Hilfsmitteln wie Kissen, Stühlen, Seilen oder Klötzen die jeweiligen Yoga-Positionen zu verstärken bzw. es wenig gedehnten Yoga-Schülern leichter zu machen.

Als Kind hatte B.K.S. Iyengar mit vielen Krankheiten zu kämpfen. Mit Yoga fand er zu neuer Stärke, und dieses Wissen wollte er auch anderen zugänglich machen. Ende der 1950er-Jahre begann er, in England zu unterrichten, und fasste die Asanas leicht verständlich und mit vielen Fotos dokumentiert im Buch „Licht auf Yoga“ zusammen. D

Dieses Werk wurde in viele Sprachen übersetzt – und löste einen Yoga-Fitnessboom im Westen aus, denn Iyengar ging es weniger um Spiritualität, sondern um die körperliche Kräftigung. Er starb 2014 im Alter von 95 Jahren.

Warum gibt es so viele Yoga-Stile?

Und sind die alle „richtiges, echtes“ Yoga? Yoga ist wie Pizza – sagt der britische Kulturhistoriker und Yogalehrer Mark Singleton, der seine Doktorarbeit über die moderne Yoga-Entwicklung geschrieben hat: „So wie sich die Pizza auf ihrem Weg von Neapel nach New York und um die Welt verändert hat, hat sich auch Yoga weit von seiner Heimat entfernt, verschiedene Einflüsse in sich aufgenommen – und ist mit neuen Zutaten nach Indien zurückgekehrt.“

Die Welle der größten Veränderungen begann laut Singleton in den 1930er-Jahren: In Europa herrschte generell großes Interesse an Leibesübungen, Turnen und Bodybuilding. China wiederum erlebte einen Aufschwung diverser Kampfsportarten. Das alles schlug sich in einem veränderten Körperbewusstsein nieder. Hatha-Yoga, das traditionell auf Askese setzte, wurde plötzlich vor allem wegen seiner körperlichen Übungen interessant.

Auch der Einsatz von Fotokameras spielten eine wichtige Rolle: Man musste sich nicht mehr durch die Sanskrit-Schriften lesen und diese interpretieren, man turnte einfach nach, was auf den Bildern in Fotobüchern zu sehen war. Während Traditionalisten die neuen Stile kritisch sehen, gibt sich Singleton entspannt: „Dass sich Yoga verändert, ist nicht zwangsweise schlecht. Yoga verwandelt sich immer in das, was Menschen gerade brauchen. Und in unseren modernen Großstädten brauchen wir vor allem ein Mittel zum Stressabbau.“

Yoga verwandelt sich immer in das, was Menschen gerade brauchen. Und in unseren modernen Großstädten brauchen wir vor allem ein Mittel zum Stressabbau.

Kulturhistoriker und Yogalehrer Mark Singleton

Asanas statt Antibiotikum: Welche positiven Wirkungen schreibt man Yoga zu?

Yoga sorgt nicht nur für ein besseres Körpergefühl, gesteigerte Konzentration und hat eine stimmungsaufhellende Wirkung, es trainiert auch Kraft, Koordination, Flexibilität und Ausdauer. Vor allem bei chronischen Rückenschmerzen, Migräne und Nackenverspannungen sind positive Effekte dokumentiert, weil Yoga uns lehrt, einzelne Muskeln gezielt anzuspannen und zu entspannen.

  • Professor Robert Saper von der Boston University School of Medicine, der eine Studie mit 95 Rückenpatienten durchgeführt hat, kam zu dem Schluss, dass schon einmal pro Woche Yoga weniger Schmerzen und eine Verbesserung der Rückenbeweglichkeit bringt.

Andere Studien wiesen nach, dass während einer Yoga-Stunde die Ausschüttung der Stresshormone abnimmt und unser Blutdruck sinkt, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen minimiert. Ein Forschungsprojekt der Chinese University of Hong Kong konnte mildere Symptome bei Asthmapatienten beobachten. Auch die Begleiterscheinungen nach einer Krebstherapie – chronische Erschöpfung, Depression – fallen mit regelmäßiger Yoga-Praktik leichter aus, zumindest legen das Studien mit Brustkrebspatientinnen nahe. Und eine Untersuchung von 420 Typ-2-Diabetes-Patient(inn)en kommt zum Schluss, dass nach einer Yoga-Übungseinheit die Blutzuckerwerte weniger schwanken als nach einer „normalen“ Sporteinheit.

Wer sollte Yoga nicht machen?

Jeder kann Yoga machen – solange man auf seinen Körper und dessen Signale hört. Soll heißen: Wer noch wenig Balance oder vom vielen Schreibtischsitzen verkürzte Muskeln hat, sollte sich nicht gleich an den Kopfstand oder Positionen wie die „Krähe“ wagen. Hier drohen Wirbelverletzungen, Zerrungen und Verletzungen der Muskeln bzw. Bänder.

  • Die Grundregel lautet: sich langsam herantasten, ruckartige Bewegungen vermeiden und vielleicht erst einmal mit Atemübungen und Meditationselementen beginnen. Wer Probleme im Bereich der Wirbelsäule hat oder unter Hüftarthrose leidet, sollte den Yogalehrer entsprechend informieren. Und wenn der Lotussitz unangenehm wird, bitte nicht weitermachen und sich durchbeißen. Die für viele ungewohnte Beinhaltung kann ein Abklemmen der Gefäße begünstigen bzw. bei Risikopatienten zu Beinvenenthrombosen führen.

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