Der optimierte Wagner, Teil 14: Abnehmen für Biohacker
Es ist mir ja peinlich, aber: Ich bin ein bisschen dick geworden. Wie nimmt ein Biohacker zu? Wie nimmt ein Biohacker ab?

Oriana Fenwick
Mein Zustand ist optimierbarer, als ich das gern hätte. Der suboptimierte Wagner hat eine Coronawampe, plus acht Kilo seit Anfang 2020, mindestens 7,5 davon sind keine Muskeln. Mein Gesicht ist erheblich rundlicher, als das schick wäre, mit dem Bart sehe ich aus wie ein grimmiger Teletubby. Wenn ich in eine enge Hose schlüpfe, wölbt sich ein Wulst wie eine Dachrinne über den Bund. Ich besitze nur mehr enge Hosen.
„Wie kann das einem Biohacker passieren?“, höre ich Sie fragen. (Ich nehme Ihnen die Häme im Unterton nicht übel.)
„Was macht ein Biohacker, wenn es passiert ist?“, höre ich Sie auch fragen. (Ich höre da keine Häme, weil es Ihnen wahrscheinlich gerade ein bisschen ähnlich geht.)
Ad 1: Zunehmen funktioniert bei mir genau wie bei Ihnen. Zu viele falsche Kalorien (Schokolade, Brot, Nudeln, Wein) zur falschen Zeit (in den letzten drei Stunden vorm Schlafengehen) rein, Blutzucker-Insulin-Achterbahnen und zu wenige Kalorien raus: zu wenige Schritte im Alltag, zu wenig oft/intensiv trainiert, über Monate. Und damit ich wenigstens an irgendwas nicht selber schuld bin: monatelang kein Tennis.
Ad 2: Ich habe vieles trotzdem ganz okay gemacht. Der Schlaf passt, das nüchterne 5-Minuten-High-Intensity-Morgentraining hat es durch den Lockdown geschafft, und mir sind bis mittags keine Kalorien und bis abends keine Kohlenhydrate passiert.
Darauf lässt sich aufbauen – und zwar das folgende 8-Kilo-in-8-Wochen-Programm.
Erstens: Ich kümmere mich um meine Motivation. Das ist immer der Anfang, egal was Sie sich im Leben vornehmen. Sich um seine Motivation kümmern geht so: Man startet mit einem Grund dafür, dass man das, was man sich vorgenommen hat, auch durchzieht. (Man nennt das das „Warum“.) Das muss emotional stark sein, sonst klappt es nicht. „Ich hätt gern“ oder „Wär eigentlich super“ können Sie kübeln. Ein gutes „Warum“ ist etwas, was Ihnen viel Leid zufügt oder großes Glück bedeutet – und zwar ernsthaft viel oder ernsthaft groß, ernsthaft tief im Herzen.
Ich greife zum großen Leid, das ist der stärkere Impuls. (So sind wir Menschen.) Mein „Warum“ ist: Ich will mich vor Ihnen nicht blamieren. Ich schreibe diese Kolumne mit 97,7 Kilo bei 20,8 Prozent Körperfett. (Dieser Satz vernichtet sich in fünf Sekunden automatisch.) Die Kolumne fürs nächste Heft schreibe ich in zwei Monaten mit maximal 89,7 Kilo bei maximal 15,8 Prozent. Das wird mir gelingen, und wenn ich mir dafür ein Stück Unterarm abschneiden muss.
Zweitens: kein Tag unter 10.000 Schritten, mindestens dreimal pro Woche 20.000 Schritte. Stehschreibtisch, Online-Meetings im Stehen oder Gehen. Zum Morgen-HIIT kommt täglich eine zweite kleine Trainingseinheit, am besten Krafttraining, weil das die Muskulatur aufbaut. „Sport“ im engeren Sinn braucht eine halbe, maximal eine Stunde pro Tag. Was wirklich was bringt, ist ohnehin die Bewegung im Alltag.
Drittens gibt es an Werktagen keine Schokolade, keinen Wein, nichts, was sich als „Sättigungsbeilage“ bezeichnen ließe, und kein herkömmliches Brot. (Es gibt da schon gute Low-Carb-Alternativen.)
Viertens: ausreichend Kalorienzufuhr. Ja, Sie haben richtig gelesen. Wenn wir unserem Körper „Diät“ sagen, versteht er „Hungersnot“. Unser Körper rettet uns dann, indem er ein bewundernswert intelligentes Notprogramm aktiviert: Er macht uns schlapp, dadurch hält er uns von Bewegung fern, was den Kalorienverbrauch drosselt. Er deckt seinen Proteinbedarf, indem er Muskulatur abbaut, was aus seiner Sicht gleich drei Vorteile hat: erstens noch weniger Bewegungsdrang, zweitens noch weniger Grundumsatz (ja, Muskeln verbrennen auch in Ruhe Kalorien), drittens Schutz der Fettreserven. Ein paar Tage Fasten ist super. Aber klassische Diäten sind fürs Abnehmen so intelligent, wie sich den Unterarm abzuschneiden.
uf Wiedersehen im nächsten Heft, es erwartet Sie eine schlanke Kolumne!
STEFAN WAGNER ist Biohacker, das heißt, von dem Gedanken beseelt, Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Körper, Geist und Seele durch verschiedenste Maßnahmen zu verbessern – um so länger und besser zu leben. Bis 120, hat er sich vorgenommen. Mindestens.
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Wie du besser, gesünder und länger lebst –Podcast mit den Biohackern Andreas Breitfeld & Stefan Wagner
Nimm dein Leben selbst in die Hand. Mach es schöner, länger, intensiver, spannender und lebenswerter und verbessere dadurch die Welt. Das ist die einfache, aber schöne Idee hinter dem Begriff „Biohacking“, um den sich diese Podcast-Folge dreht. Weiterlesen...