Der optimierte Wagner, Teil 19: Wann waren Sie zuletzt Blut spenden?
Wie Sie sich Gutes tun, indem Sie Gutes tun: Heute will ich Ihnen an die Venen.

Man kann nicht sagen, dass mir meine Freundschaft mit dem Münchner Profi-Biohacker Andreas Breitfeld dabei helfen würde, den Alltag konventioneller zu gestalten. Andreas ist ein beängstigend talentierter Verführer in die Welt der nicht ganz massentauglichen Gesundheitspflege.
Er hat mich zum Beispiel zuletzt dazu gebracht, halbe Abende in einer hyperbaren Sauerstoffkammer zu verbringen. Das Ding schaut aus wie ein als Ganzkörperkondom verkleideter Kindersarg, ist etwa halb so laut wie ein Space-Shuttle-Start, fühlt sich wegen des Drucks im Ohr vergleichbar an, dafür kostet es nur 16.000 Euro. „Das musst du unbedingt ausprobieren!“, sagte Andreas und borgte mir eine seiner Kammern. (Andreas hatte wie immer recht: Hyperbare Sauerstofftherapie ist irre. Das Space Shuttle verbesserte meine Tiefschlafwerte um zwanzig und die Atem-Anhaltezeit meiner Wim- Hof-Übungen um über vierzig Prozent. Vierzig!)
Dann beauftragte mich Andreas damit, mir tagsüber für ein paar Minuten ein grabkerzengroßes, sphärisch bimmelndes und im Ameisenstakkato vibrierendes Ding auf den Bauch zu legen, das aussieht wie ein phallisch inspirierter indischer Spielzeugtempel. („Das ist die Echobell“, sagte er, „es gibt nix Besseres, um zwischendurch runterzukommen.“) Jetzt liege ich jeden Vormittag fünf Minuten mit geschlossenen Augen neben dem Schreibtisch auf dem Boden, lasse mir von der Echobell den Solarplexus durchtrommeln und entspanne mich, als würde ich in den Teppich einsickern.
Als Andreas kürzlich anrief, war er aber wirklich aufgeregt, sogar für seine Verhältnisse. Es ging um Apherese, seien Sie unbeschämt, ich hatte den Begriff davor auch noch nie gehört. Apherese ist eine Art High-End-Superdialyse: eine Kanüle in den einen Arm, Ihr Blut wird abgezapft, durch einen Filter-Waschmaschinen-Apparat geleitet und durch eine Kanüle im anderen Arm rückgeführt. Apherese, so schwärmte Andreas, wäscht wirklich alles aus dem Blut, was nicht reingehört: Schwermetalle, verirrte Viren, verkrüppelte Bakterien, altersschwache Antikörperreste oder torkelnde Überbleibsel irrlichternder pharmazeutischer Interventionen.
„Apherese ist der Neustart-Button für deinen Körper“, sagte Andreas. Die Apherese hat nur einen kleinen Nachteil, sagte Andreas, und der ist zugegebenermaßen groß: Einmal Feinwäsche kommt auf rund zweieinhalbtausend Euro, und mit einem Durchgang ist es selten getan. Aber Andreas wäre nicht Andreas, hätte er nicht auch eine Idee für eine Art Apherese für Anfänger gehabt: „Geh Blut spenden!“, sagte er.
Die Blutspende, erklärte er mir, ist die Blutwäsche des kleinen Mannes. Von den rund sieben Liter Blut, in denen die Viren, Antikörper und Schwermetalle durch Ihren Körper canyonen, wird ungefähr ein halber entnommen, der Körper bildet zum Ausgleich jungfräuliches Blut nach (deswegen sind Sie nach der Blutspende auch einen Tag lang rechtschaffen schlapp), allein physikalisch bedeutet das: Die Belastung durch den Langzeitmüll nimmt um knapp zehn Prozent ab.
Wenn Sie die Frequenz an zugelassenen Blutspenden ausnützen (Frauen alle zehn Wochen, Männer alle acht), haben Sie in ein bis zwei Jahren eine Art Mini-Apherese hingelegt. Sie haben anderen etwas Gutes getan (*), Sie haben sich ordentlich durchgeputzt, Sie haben ein- bis dreimal zweieinhalbtausend Euro gespart. (Abgesehen davon verbrennt Ihr Körper beim beschwerlichen Nachbilden des Bluts nach jeder Blutspende in etwa 800 Kalorien.)
(*) Machen Sie sich wegen des Mülls, den Sie mit dem Blut loswerden, keine Sorgen, der wird rausgefiltert.
STEFAN WAGNER ist Biohacker, das heißt, von dem Gedanken beseelt, Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Körper, Geist und Seele durch verschiedenste Maßnahmen zu verbessern – um so länger und besser zu leben. Bis 120, hat er sich vorgenommen. Mindestens.
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Wie du besser, gesünder und länger lebst –Podcast mit den Biohackern Andreas Breitfeld & Stefan Wagner
Nimm dein Leben selbst in die Hand. Mach es schöner, länger, intensiver, spannender und lebenswerter und verbessere dadurch die Welt. Das ist die einfache, aber schöne Idee hinter dem Begriff „Biohacking“, um den sich diese Podcast-Folge dreht. Weiterlesen...