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Die Schaukel schwingt, vor und zurück, immer höher, immer schneller. Kannst du dich an das Gefühl erinnern? An dieses schöne Gefühl, ein bisschen zu fliegen, ohne Angst vorm Fallen zu haben? Vertrauen zu haben ist wie Schaukeln. Da ist etwas, das uns Halt gibt. Und mit dieser Sicherheit können wir locker durchs Leben schwingen, Freude empfinden, glücklich sein. So hat zum Beispieleine Studie von Psychologen an der Uni Trier bestätigt, dass Vertrauen die seelische Gesundheit stärkt und vor Ängsten und Depressionen schützt.

Eine, die sich mit dem Thema auskennt, ist Eva Schulte-Austum, 35, Wirtschaftspsychologin, Rednerin und Coach aus Münster. Ihr Buch „Vertrauen kann jeder: Das Rezeptbuch für ein erfülltes Leben“ ist das Ergebnis einer jahrelangen Recherche zum Thema: Sie hat hunderte Studien analysiert und ist um die Welt gereist, um in neun Ländern mehr als 350 Menschen zu interviewen. Hier ihre Antworten auf die fünf großen Vertrauensfragen.

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1. Was ist eigentlich Vertrauen?

Vertrauen ist ein Gefühl, das sich auf drei verschiedene Bereiche beziehen kann:

  • Auf andere Menschen – das nennt man interpersonales Vertrauen.
  • Auf sich selbst – das ist das oft zitierte Selbstvertrauen (und wird in der Psychologie auch Selbstwirksamkeitserwartung genannt).
  • Und dann gibt es auch noch das Vertrauen in die Zukunft – oder etwas umfassender: ins Leben.

Kurz gesagt ist Vertrauen also erstens das Band, das Menschen verbindet, zweitens die Kraft, die uns Neues ausprobieren lässt, und drittens die Gabe, die uns das Leben als solches annehmen und genießen lässt.

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Psychologisch betrachtet bedeutet Vertrauen die Fähigkeit, Kontrolle abzugeben, Unsicherheit einzugehen und auszuhalten sowie die Bereitschaft, sich damit verletzbar zu machen – ohne sich schwach zu fühlen. Vertrauen hat also mit Mut zu tun.

Man könnte auch sagen: Vertrauen ist die leiseste Form von Mut. Und es ist eine Form von Zuversicht. Denn Vertrauen basiert auf einer positiven Erwartungshaltung: auf der Annahme, dass andere mich nicht ausnutzen oder verletzen. Auf der Annahme, dass ich das schon schaffe. Oder auch: dass alles gut wird.

2. Wie entwickelt man Vertrauen?

Vertrauen, Frau sieht eine Blume an

Bild: Sarah Wilkens

Jedes Baby kommt mit der Fähigkeit und Bereitschaft auf die Welt, anderen Menschen zu vertrauen. Das ist ganz wichtig, schließlich ist es auf die Liebe und Hilfe von Eltern oder anderen engen Bezugspersonen angewiesen, es muss ihnen also vertrauen können. Aber: Wie gut sich dieses Vertrauen im Laufe der Zeit entwickelt, hat ab der Geburt viel mit unseren persönlichen Erfahrungen zu tun. Und mit der Gesellschaft, in der wir groß werden.

Studien zeigen: In manchen Regionen fällt es Menschen deutlich leichter, anderen Menschen zu vertrauen; die Vorreiter sind hier die skandinavischen Länder, außerdem die Schweiz, Kanada und Vietnam. Hingegen ist andernorts die Grundstimmung eher misstrauisch – etwa in der Türkei, Polen und Russland.

Warum ist das so? Wenn man sich die vertrauensstarken Länder genauer anschaut, entdeckt man einige Ähnlichkeiten. Wichtig für die Bildung von Vertrauen ist zum Beispiel eine wohlwollende Grundhaltung gegenüber anderen Menschen. Man wünscht und gönnt anderen Gutes, nimmt Rücksicht, unterstützt sich gegenseitig, das Konkurrenzgefühl und Hierarchien sind nicht so stark ausgeprägt. Man betrachtet sich als Teil einer großen Gemeinschaft, hebt Gemeinsamkeiten hervor und pflegt diese. Geprägt wird diese Grundhaltung nicht nur durch kulturelle Eigenheiten, sondern auch durch das politische System: Demokratische Länder mit einem intakten Rechtssystem und Chancengleichheit erleichtern es ihren Bürgern, zu vertrauen.

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3. Warum ist Vertrauen so wichtig?

Vertrauen ist die Grundlage einer jeden guten Beziehung und damit unverzichtbar für unser Glück. Forscher von der Duke University in North Carolina haben Folgendes gezeigt: Menschen, die in ein gutes Miteinander eingebunden sind, leben deutlich glücklicher als Menschen, die sich einsam fühlen. Und gesünder.

Warum ist das so? Um das zu erklären, ist es hilfreich, sich einmal das Gegenteil vorzustellen: Wer wenig Vertrauen in andere Menschen, sich selbst und das Leben hat, ist misstrauisch. Dieses Misstrauen belastet uns. Weil es uns zögern, zweifeln und hadern lässt. Weil wir dann ständig auf der Hut sind, uns zurückziehen und innerlich erstarren. Misstrauen macht uns einsam und ängstlich. Angst erzeugt Stress. Und Stress belastet nicht nur unser Denken und Fühlen, sondern auch unsere körperliche Gesundheit. Misstrauen macht also krank.

Vertrauen hingegen entlastet uns. Denn Vertrauen schützt vor zu viel Grübelei und macht so den Kopf frei für Dinge, die für unser Glück wirklich wichtig sind. Es lässt uns entspannen und durchatmen, schenkt uns Momente der Sorglosigkeit. Wir sind gelassener, weniger stressanfällig, das Risiko für stressbedingte Erkrankungen wie Herzbeschwerden oder Depressionen sinkt. Wir fühlen uns mit anderen verbunden, sicher und geschützt. Das Leben fühlt sich leichter an, wir können es genießen, sind handlungsfähig.

Vertrauen macht übrigens auch erfolgreich. Denn Mitarbeiter, die sich selbst und ihrem Arbeitgeber vertrauen, sind engagierter, konstruktiver, einfallsreicher. Statt gerade das Nötigste zu machen, suchen sie eigenständig nach Verbesserungen und übernehmen Verantwortung

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4. Wie kann ich Vertrauen stärken?

Frau mit einer Gedankenblase

Bild: Sarah Wilkens

Eine wichtige Basis für unsere Vertrauensfähigkeit ist Wohlbefinden: Nur wer sich wohlfühlt in seiner Haut, wer entspannt und gesund ist, kann auf andere zugehen und sich dem Leben öffnen. Forschungen haben gezeigt: Wer gestresst ist, ist weniger risikofreudig und deshalb auch weniger vertrauensvoll. Um Vertrauen zu stärken, müssen wir uns also zunächst einmal um uns selbst kümmern, genauer: um unsere Grundbedürfnisse – wir müssen ausreichend schlafen, gesund essen, uns regelmäßig bewegen und auf genügend Erholung und Entspannung achten. Das ist die Basis, ohne die Vertrauen schwierig ist.

Darüber hinaus hilft es, wenn wir unseren Alltag so gestalten, dass wir uns als selbstwirksam erleben. Etwa indem wir uns einem kreativen Hobby oder einem Ehrenamt widmen. Denn: Wenn wir wahrnehmen, dass wir unser Leben und damit auch unsere Erfahrungen aktiv mitgestalten können, fällt uns Vertrauen leichter. Weil wir nicht das Gefühl von Willkür, sondern von Einflussnahme haben.

Hilfreich ist es auch, wenn wir uns immer wieder verdeutlichen, welche Vorteile Vertrauen und welche Nachteile Misstrauen hat. Sicher, wir können verletzt werden, wenn wir jemandem vertrauen, etwa wenn wir uns in einer Beziehung öffnen oder einer Freundin ein Geheimnis erzählen. Wenn wir deswegen aber darauf verzichten und uns misstrauisch vor schlechten Erfahrungen schützen wollen, verletzen wir uns selbst. Weil wir uns damit jede Chance auf echte Nähe, Geborgenheit und Gemeinschaft nehmen.

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5. Was tun, wenn es verloren geht?

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Die gute Nachricht: Wir können etwas gegen die Vertrauenskrise tun! Denn Vertrauen ist eine Entscheidung. Wer verlorenes Vertrauen aufbauen will, muss sich bewusst dazu entschließen. Das beginnt mit dem Satz: „Ich will vertrauen.“ Es bedarf einer gewissen Gewöhnung, wieder vertrauensvoll auf andere zuzugehen. Kleine Schritte, angefangen bei ganz einfachen Smalltalk-Situationen, reichen oft – etwa wenn man der Kollegin ein Kompliment zu ihrem Outfit macht.

Mit solchen Mikro-Annäherungen lernen wir schrittweise, uns zu öffnen – und können irgendwann auch wieder Privateres von uns preisgeben. Bis wir es wieder schaffen, mit der Freundin über Sorgen und Glücksgefühle zu sprechen – ohne die ständige Angst, dass sie etwas ausplaudert.

Nachgefragt bei: Eva Schulte-Austum, Wirtschaftspsychologin und Vertrauensforscherin, Münster