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Darum geht Inklusion uns alle an

Schon klar, Selbstbestimmung und persönliches Wachstum sind wichtig. Aber Empowerment heißt genauso, die Menschen um einen herum zu stärken und Barrieren abzubauen – damit alle die gleichen Chancen haben. Stichwort: Inklusion.

„Wir müssen uns klarmachen, dass Inklusion keine Nettigkeit oder ein Geschenk ist, sondern ein Menschenrecht, das leider oft nicht umgesetzt wird“, weiß Lisa Kreutzer, Chefredakteurin des Magazins andererseits.org, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt Journalismus machen. „Weniger als fünf Prozent aller Behinderungen sind angeboren. Jeder von uns kann im Laufe seines Lebens eine Behinderung bekommen. Nach Zahlen der WHO leben rund 18 Prozent der österreichischen Bevölkerung mit Behinderungen. Es ist also ein Thema, das uns alle angeht.“

Was bedeutet Inklusion überhaupt?

Inklusion bedeutet, dass alle Menschen in einer Gesellschaft gleichberechtigt nebeneinander leben – unabhängig von Herkunft, Behinderung, sexueller Orientierung oder Lebensalter.

„Inklusion ist für uns alle gut. Denn unterschiedliche Perspektiven bringen interessantere und oft bessere Entscheidungen“, bringt es Lisa Kreutzer auf den Punkt.

Für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung scheitert die Integration jedoch oft an strukturellen Problemen. Die Journalistin erklärt es am Beispiel der Medienlandschaft.

„Generell sieht man in Redaktionen sehr ähnliche Werdegänge und ähnliche Hintergründe. Menschen mit Behinderungen hingegen findet man kaum. Sie sind meist in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen beschäftigt, und in diesen Einrichtungen darf man nichts dazuverdienen. Ich selbst habe nebenbei mit dem Journalismus angefangen, also neben einer anderen Beschäftigung erste Artikel und Geschichten geschrieben. Für viele Menschen in Werkstätten geht das nicht. Aber ihre Stimmen fehlen. In den Medien braucht es neue Perspektiven auf die Welt, die überraschen und zum Nachdenken anregen.“

„andererseits“: Geschichten mit diversem Hintergrund

Die Artikel und Beiträge von andererseits.org – jenem Magazin, das Lisa Kreutzer als Chefredakteurin leitet – sind von Menschen mit und ohne Behinderung verfasst.

Eine junge Frau mit Down-Syndrom schreibt etwa eine Kolumne, die sich um Themen wie die Liebe oder auch Nudelsalat dreht. Eine Frau im Rollstuhl berichtet über ihre Erfahrungen beim Reisen. Jeden Freitag wird ein Newsletter ausgeschickt, mit einer kurzen Geschichte oder einem Fakt über Behinderungen.

Und: Man legt Wert darauf, alle Stories in einfacher Sprache zu schreiben. Das heißt: in kurzen Sätzen, ohne Verwendung von Fremdworten oder komplizierten Begriffen. „Rund 700.000 Menschen in Österreich sind auf die Verwendung von einfacher und leichter Sprache angewiesen. Das sind nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern beispielsweise auch Menschen mit Demenz oder Personen, die gerade Deutsch lernen,“ so Kreutzer. „Je mehr Medien Inhalte in einfacher Sprache anbieten, desto besser für die Gesellschaft. Denn nur wer Zugang zu Wissen und Informationen hat, kann mitsprechen, mitentscheiden und an der Demokratie teilhaben.“

Männer und Frauenhände auf einem Tisch, mit unterschiedlichen Hautfarben.

Foto: Unsplash

Was du für inklusives Empowerment tun kannst

Es sind auch die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen. Hier findest du Inspiration.

1. Hilf, Barrieren abzubauen

„Im Alltag hilft es oft schon, sich einen bewussteren Blick anzueignen – und z.B. darauf zu achten, ob öffentliche Orte barrierefrei sind“, sagt Lisa Kreutzer. „Ich frage in Cafés oder Lokalen oft nach, ob es ein barrierefreies WC gibt. Man kann auch eine E-Mail an die Betreiber schreiben, um sie auf etwaige Barrieren aufmerksam zu machen.“ Frage dich: Wie sieht es mit Aufzügen und Rampen in deiner Nachbarschaft aus? Und: Ist alles gut beschildert?

2. Gestalte Online-Inhalte barrierefrei

Hier ein paar Punkte, auf die es ankommt.

  • Bildbeschreibungen machen. „Menschen mit Sehbehinderungen nutzen Screenreader, die Texte vorlesen“, erklärt Lisa Kreutzer. „Wenn Bilder auf Webseiten, Blogs und Social Media nicht im sogenannten Alt-Text beschrieben sind, fehlt diesen Menschen der Zugang zu den Inhalten.“

  • Einfache Sprache verwenden. Kurze Sätze verwendet und einfache Begriffe helfen, die Inhalte für mehr Menschen verständlich zu machen.

  • Auf Kontraste achten. Bei Online-Texten gilt: Textfarbe und Hintergrund sollten sich gut voneinander abheben. Schwarzer Text auf weißem Hintergrund ist z.B. gut lesbar. Hellgrauer Text auf weißem Hintergrund hingegen ist schwierig zu erkennen.
    Auch die Farbkombination Rot-Grün stellt vor allem Menschen mit Farbsehschwäche vor Probleme: Sie können Text-Inhalte in diesen Farben schwer unterscheiden. „Im Internet gibt es mehrere Tools, mit denen man Farbkontraste testen kann,“ sagt Lisa Kreutzer. Einfach nach „Contrast Analyzer“ oder „Farbkontraste testen“ googeln.

  • Untertitel für Videos: „Jedes Video sollte untertitelt sein, damit auch Menschen mit Hörbehinderungen es verstehen können“, so Lisa Kreutzer von andererseits.org.

Füße von hinten, mit regenbogenfarbigen Socken. Symbol für LGBQT-Community.

Foto: Unsplash

3. Fange an, über Bedürfnisse zu sprechen

„Jeder Mensch hat andere Bedürfnisse, nicht nur Menschen mit Behinderungen“, so Lisa Kreutzer. „Wenn wir uns dieser unterschiedlichen Bedürfnisse bewusst werden, also sowohl den eigenen Bedürfnissen als auch jenen von anderen Menschen, können wir inklusive Räume schaffen. Inklusion bedeutet immer Vielfalt, auch eine Vielfalt von Angeboten.“

4. Setze Sprache bewusst ein

Verwende inklusive Sprache. Das heißt: Verrmeide Stereotype oder diskriminierende sowie abwertende Begriffe.

Sprache schafft Realitäten – und kleine Veränderungen können viel bewirken und für ein positives Gesprächsklima sorgen.

So sagst du es besser:

typisch Mann/Frau → bei vielen Menschen

Putzfrau → Reinigungskraft

Sekretärin → Assistenz

der Kunde → die Kundschaft

an den Rollstuhl gefesselt → nutzt einen Rollstuhl

leidet an einer Behinderung → „lebt mit einer Behinderung“ oder „hat eine Behinderung“.

transsexuell → „trans“ oder „transgender“ („sexuell“ ist oft negativ behaftet)

5. Erweitere deinen Horizont

Informiere dich regelmäßig über Themen wie Behinderungen, Diversität und Inklusion, um Vorurteile abzubauen. Das Lesen von persönlichen Blogs und Social Media Profilen kann z.B. dabei helfen.

Symbol für Rollstuhlfahrer auf Straße

Foto: Unsplash

6. Zeige Verständnis

Sei geduldig, wenn jemand mehr Zeit braucht oder Unterstützung benötigt, z.B. im öffentlichen Verkehr, bei Veranstaltungen oder am Arbeitsplatz.

7. Fördere eine bunte Gemeinschaft

Lade Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zu gemeinsamen Aktivitäten ein, sei es im privaten Umfeld oder im Job.

Zur Expertin:

Porträtfoto von andererseits.org-Chefredakteurin Lisa Kreutzer
Lisa Kreutzer von andererseits.org

Foto: Stephan Fürtbauer

Lisa Kreutzer ist Chefredakteurin des Magazins andererseits.org, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt Journalismus machen. Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Das Magazin ist in Print-Form und Online erhältlich. Jeden Freitag wird ein Newsletter verschickt, der ein Fakt zum Thema Leben mit Behinderung erklärt. Die Redaktion gibt auch Tipps zum Thema barrierefreies Internet.