Ode an das Radieschen
Wolfgang Wieser ist Journalist, überzeugter Radieschen-Vernascher und Verehrer von Gemüse in größtmöglicher Naturbelassenheit.
Unsere Liebeserklärung an die kleinen Freuden des Lebens gilt heute dem Radieschen.
Wer sich anschickt, das Radieschen zu preisen, stellt schnell fest, dass sich seine eigentlich ahnungslose Liebe auf allereinfachste Art – also faktisch – begründen ließe.
- Fakt 1: Wäre das Radieschen nicht ein Gemüse, sondern eine Comicfigur, wäre es zweifellos Wonder Woman, ausgestattet mit staunenswerten Kräften und einer unvergleichlichen Wirkmächtigkeit. Es hat praktisch keine Kalorien, schützt vor bestimmten Krebsarten, kann bei Diabetes helfen, unterstützt das Immunsystem, tötet Bakterien und Pilze, mildert den Blutdruck und entgiftet die Leber.
- Fakt2: So vielfältig wie seine Wirkung ist auch seine Gestalt. Es gibt Radieschen in dünn und dick, in kurz oder lang, in Weiß, Pink und Rot. Und seine Sorten tragen Namen und Bezeichnungen, die auch in Märchen gefielen: Da wären Isabell und Albena, Goldball und Viola oder der milde und butterweiche Riese von Aspern.
- Fakt3: Das Radieschen lässt sich ausgezeichnet kombinieren. Es macht sich auf Butterbroten mit einem Hauch von Salz ebenso fein wie in Salaten oder als Carpaccio in Kombination mit Granatapfelkernen.
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Die wahre Liebe aber – und das wissen wir längst – braucht keine Fakten. Die wahre Liebe ist ahnungslos. Sie sprießt unvergessen im elterlichen Garten. Zwischen Erbsen und Kohlrabi. Der Bub, der auf schmalen Wegen die Beete entlanghuscht, macht sich darüber keine Gedanken.
Dass das Gemüse ist – na und? Er nascht gerne davon. Weil es schmeckt. Und es schmeckt am besten ganz frisch: die Erde schnell, schnell abgewischt und herzhaft zugebissen. Es knirscht ein bisschen. Aber großer Liebe hat das noch nie geschadet.
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