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1. Was ist Erholung überhaupt?

Erholung ist mehr als Faulenzen. Laut Lexikon bedeutet Erholung „die Rückgewinnung verbrauchter Kräfte und das Wiederherstellen der Leistungsfähigkeit“. Kurz: Es geht um die Erneuerung der körperlichen und psychischen Kräfte. „Wenn die Körperspannung nachlässt, die Herzfrequenz sinkt und das parasympathische Nervensystem – unser Ruhenerv – übernimmt, dann sind wir physisch erholt“, erklärt Psychologe und Buchautor Dr. Sebastian Altfeld. „Geistige Erholung wiederum bedeutet, dass wir uns ausgeglichen und aufgeladen fühlen und Abstand zu unseren Stressoren gewonnen haben.“

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2. Finde deine persönliche Erholungsstrategie

„Wie erholst du dich?“ – Die Standardantwort lautet oft: „Mit Nichtstun.“ – „Aber jeder, der schon mal vier Tage nur rumgelegen ist, weiß: Danach tut der Rücken weh, und oftmals fühlt man sich anschließend antriebsloser und kaputter also vorher“, sagt der Psychologe Dr. Sebastian Altfeld. Erholung ist individuell – genauso wie Stress. „Prinzipiell gilt: Die Erholung muss zur Beanspruchung passen. Etwas ist nur dann erholsam, wenn die vorher beanspruchten Teile des Körpers oder Geistes nicht mehr beansprucht werden.“ Du arbeitest den ganzen Tag am Bildschirm? Dann ist Netflix am Abend keine gute Idee, denn damit sind wieder nur die Augen und das Gehirn gefordert. Geh lieber raus, mach Sport oder arbeite im Garten. Übrigens: „Jeder Mensch braucht mehrere Strategien – die man in verschiedenen Situationen nutzen kann“, so der Experte. „Sollte meine einzige Erholungsstrategie die Sauna sein, dann stoße ich schnell auf Probleme. Denn ich kann nicht kurz mal in der Mittagspause eine Runde saunieren…“

3. Erschöpfung erkennen: Wann ist es Zeit für eine Pause?

Viele von uns wissen gar nicht mehr, was Erholung wirklich bedeutet. Wir springen von einem Projekt ins nächste und vertrösten uns selbst mit „Noch ein paar Tage oder Wochen durchbeißen…“. Doch ehe man sich’s versieht, ist man im Dauerstress – und dieser Zustand fühlt sich „normal“ an. „Ich vergleiche das gerne mit einem Sonnenbrand. Wenn ich ein Brennen auf der Haut spüre und in den Schatten gehe, ist es eigentlich schon zu spät“, veranschaulicht Dr. Altfeld. „Signale, dass der Tank leer ist, sind fehlende Konzentration, ständige Müdigkeit oder Gereiztheit, schlechter Schlaf und Verspannungen im Rücken und in der Brustwirbelsäule. Auch wenn mir Tätigkeiten, die mir sonst immer Spaß gemacht haben, plötzlich schwerer fallen, weil ich einfach so kaputt bin, ist eine Pause angesagt.“

4. Was tun, damit der Energie- tank nicht leerläuft?

• Anpassungsfähigkeit trainieren „Wenn ich zehn Liegestütze mache, dann schnellt mein Puls nach oben – und er bleibt auch nach dem Training noch eine Weile erhöht. Genauso verhält sich bei psychischem Stress. Die Anpassung des Körpers ist immer zeitlich verzögert: Es dauert, bis man runterkommt.“ Stretching und Entspannungstechniken (autogenes Training, Meditation etc.) helfen, diesen Wechsel aus Anspannung und Entspannung zu trainieren und so auf Dauer schneller Erholung zu finden.

• Pausen fix einplanen „Unser Gehirn ist kein Wecker“, sagt Dr. Altfeld. „Ohne konkrete Reminder vergessen wir auf unsere Pausen.“

• Gedanken ziehen lassen Ein weit verbreiteter Irrtum: „Um mich zu erholen, muss ich meine Gedanken abschalten.“ – Warum das falsch ist? Weil es nachhaltig ungesund ist, Gedanken (und die damit verbundenen Gefühle) zu unterdrücken. Das innere Gedankenradio springt ohnedies immer an. Es wird getriggert durch verschiedene innere oder äußere Reize. Hier hilft: „Aufkommende Gedanken akzeptieren und anschließend loslassen. Das ist am Anfang nicht so einfach, aber es ist erlernbar.“

5. Erholung mit Familie: Wie klappt’s, ohne die Kinder auf den Mond zu schießen?

„Viele Familienmanager sind gleichzeitig auch noch berufstätig. Das heißt, kaum ist die Arbeit im Job abgeschlossen, geht die Arbeit daheim erst so richtig los.“ – Was tun?

• Der Flaschentrick „Wenn ich nicht erholt bin, gehe ich mit höherer Wahrscheinlichkeit unfair mit meinem Kind um, als wenn ich mir zwischendurch auch mal eine Pause nehme“, erklärt der Experte. Und: Die Notwendigkeit von Pausen lässt sich auch kindgerecht kommunizieren. „Man kann die Kinder zum Beispiel bitten, eine Flasche zu halten. Wenn man die Flasche zwei Minuten hält, dann wird sie irgendwann schwer, und man muss sie abstellen. An dieser Stelle kann man erklären: Auch Mama und Papa müssen manchmal die Flasche abstellen und sich erholen – dann geht’s wieder.“

• Zeitrahmen für Kinder schaffen „Kinder haben kein Zeitgefühl“, weiß Psychologe Dr. Sebastian Altfeld. „Sie verstehen Begriffe wie ‚in fünf Minuten‘, ‚gleich‘ oder ‚später‘ nicht. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass zum Beispiel eine Sanduhr helfen kann, dem Kind eine zeitliche Orientierung zu geben: ‚Du beschäftigst dich jetzt allein, bis der Sand durchgelaufen ist.‘ So bekommen Eltern zumindest kleine Pausen.“

6. Kann man zu viel Erholung haben?

„Wenn wir die falschen Erholungsaktivitäten zu lange machen – also zum Beispiel die ganze Zeit passiv rumliegen –, dann wird die Erholung auch irgendwann nicht mehr als sinnhaft empfunden, und das kann kontraproduktiv sein“, sagt der Experte. Viele fürchten auch, weniger Ehrgeiz zu haben, wenn sie „zu erholt“ sind. „Hier gilt es die eigenen Glaubenssätze kritisch zu hinterfragen. Ist eine Pause wirklich ein Kontrollverlust oder ein Zeichen von Faulheit – oder bringt sie vielmehr neue Energie und schärferen Fokus?“

Nachgefragt bei:

Dr. Sebastian Altfeld, deutscher Sportpsychologe, Psychotherapeut und Autor des Buchs „Das Einmaleins der Erholung: effektiver Stressabbau für innere Ruhe und Gelassenheit.“

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