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„Ich habe keine Zeit!“ – Ein Satz wie der Refrain eines Justin-Bieber-Songs. Mittlerweile bekomme ich ihn öfter zu hören als „Guten Morgen“. 

Klar, wie heißt es so schön: „Wir haben die Uhr, die anderen haben die Zeit. Aber wer sind diese anderen? Gibt es sie wirk­lich? Wenn ja, warum trifft man sie nie? Sind diese Menschen vergleichbar mit je­nen Baumarktmitarbeitern, die, bevor man den Laden betritt, schon erschnüffeln, dass man was braucht, also verstecken sie sich vorsorglich in der Gartenabteilung hinter einem Stapel Waschbetonplatten? Auch im  Winter – man kann ja nie wissen …

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Zeit ist kostbar, zerrinnt aber auch wie der Schnee im Fön.

Geht es um die Zeit, deren Fluchtten­denz und Justin Bieber, sieht sich sogar mein innerer Schweinehund zu philosophischen Höhenflügen inspiriert. „Alles eine Frage des Blickwinkels“, sagt er, Zeit ist kostbar, zerrintt aber auch wie der Schnee im Fön.“

Stimmt. Gehe ich auf einem Zebrastrei­fen und werde von einem aufgebrachten Autofahrer angewiesen, mich gefälligst zu beeilen, habe ich alle Zeit der Welt. Ja, auch ein Schuhband binden geht sich dann be­quem aus. Auf der anderen Seite nehme ich mir zunehmend wenig Zeit für Menschen, die mich lieben, aber umso mehr Zeit für Menschen, die mich zwar privat nicht interessieren, aber mein Konto auffüllen.

Kolumne Stipsits Zeit

Foto Credit: Aron Visuals/Unsplash

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„Wenn du Zeit zur Verfügung hast, dann gib sie doch aus“ kontert mein Schweinehund. Ja eh. Aber es macht mir Kopfflirren …

Dreißig Minuten vor der Mathe­schularbeit, ohne gelernt zu haben – relativ wenig Zeit. Dreißig Minuten mit dem Te­lefonjoker bei der Millionenshow – relativ viel Zeit. 

Kontostand, Zeit und das philosophische Talent des Schweinehunds sind nun mal ausschließlich mittels Relativitätstheorie zu erfassen: Dreißig Minuten vor der Mathe­schularbeit, ohne gelernt zu haben – relativ wenig Zeit. Dreißig Minuten mit dem Te­lefonjoker bei der „Millionenshow“ – relativ viel Zeit. Auch ein Sonntag dauert gefühlt viel kürzer als ein Montag oder ein Diens­tag oder ein … äh … Sie können diese Liste selber bis Freitag fortsetzen.. 

So viel zur allgemeinen Relativitätstheorie der Zeit. Die spezielle sieht so aus: In der Früh nach dem Aufstehen nehme ich mir für meinen ersten Kaffee dreißig bis vierzig Minuten Zeit. Wenn ich in einem beruflichen Termin bin, dauert der Pau­senkaffee drei bis vier Minuten. Besuche ich meine Oma, dauert der Kaffee drei bis vier Stunden. Ehrlich: Der letzte Kaffee ist mir am liebsten.

Ich hatte zwar nur eine Kapazität von zwei Stunden, aber die Tatsache, dass sich die Welt nach vier Stunden nach wie vor dreht, dass der Spritpreis nicht in die Höhe geschossen ist, dass die Bewohner der Social-Me­dia-Filterbubble immer noch in ihrer ak­tuellen Aufregerspirale zappeln, ich also auch da nichts versäumt habe …, dann kann ich mit den zwei Stunden Überzeit mehr als gut leben. Mehr noch: Ich habe sie nicht verloren, sondern gewonnen.

Wenn ich in einem beruflichen Termin bin, dauert der Pau­senkaffee drei bis vier Minuten. Besuche ich meine Oma, dauert der Kaffee drei bis vier Stunden. Ehrlich Der letzte Kaffee ist mir am liebsten.

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich Gewalt grundsätzlich ablehne, aber wenn es um großmütterliche Kaf­feeszenarien geht: Bitte die Zeit einfan­gen und totschlagen! Es gäbe auch sonst so wunderbare Möglichkeiten dafür.

Apropos: Mein alter Freund und Ka­barettkollege Martin Kosch betitelte sein neues Programm „Mit dem inneren Schweinehund Gassi gehen“, und genau das werde ich jetzt tun. Und mir dafür viel Zeit nehmen.