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Deine Challenge: Lies 10 Minuten vor

Aus einem Buch. Aus der Zeitung. Aus deinem Notizheft.

Wem du vorlesen sollst? Völlig egal. Den Kindern, dem Partner, einem Familienmitglied, dem schlafenden Hamster. Auch nur dir selbst vorzulesen ist erlaubt. Wenn du magst und dich traust, experimentiere mit verschiedenen Stimmlagen und Charakteren und gestalte die Story lebendiger. Versuche, so viele Zeilen wie möglich oder sogar ganze Seiten ohne Verhaspler zu schaffen, das schult die Konzentration.

Du kannst beim Vorlesen auch ein Lieblingsbuch aus der Kindheit wieder entdecken und die Erinnerungen und Emotionen, die damit verbunden sind, neu ordnen.

Darum macht Vorlesen uns schlauer und kreativer

Willkommen in der wunderbaren Welt des Vorlesens! Wir verbinden mit dem Vorlesen Gute-Nacht-Geschichten aus der Kindheit. Aber es ist so viel mehr, wie diese Fakten zeigen.

Vorlesen bringt uns 1,4 Millionen Wörter nahe

Vorlesen macht Kinder wortgewandter, aber auch uns Erwachsene: Wir hören verschiedene Wörter, Sätze und Satzstrukturen, die unser Vokabular erweitern und unsere sprachlichen Fähigkeiten verbessern.

Konkret konnte eine Studie der amerikanischen Ohio State University aus dem Jahr 2019 zeigen: Kinder, denen täglich ein Bilderbuch vorgelesen wird, kommen so pro Jahr mit rund 78.000 neuen Wörtern in Verbindung.

Mehr noch: Wird den Kindern in den ersten fünf Lebensjahren täglich vorgelesen, hören die Kinder insgesamt 1,4 Millionen Wörter mehr als jene Kinder, denen nie vorgelesen wird.

Vorlesen schärft die Konzentration

Vor allem Kinder lernen, für längere Zeit aufmerksam zu bleiben. Außerdem passiert etwas Spannendes im Gehirn: Wenn wir lesen oder eine Geschichte hören, erstellen wir eine Art „mentale Landkarte“. Diese Landkarte hilft uns, die gelesenen Wörter zu verstehen und in einen Kontext zu bringen. Kurz: Regelmäßiges (Vor-)Lesen trainiert nicht nur das Gehirn, sondern ist auch für unser Gedächtnis und die Konzentration gut.

Vorlesen sorgt für Fantasiefeuerwerke im Kopf

Vorlesen stärkt auch die kognitiven Fähigkeiten, denn durch die vorgelesenen Geschichten werden unsere Fantasie und Vorstellungskraft angeregt. Wir werden ermutigt, über das Vorgelesene nachzudenken und uns die Geschichte vorzustellen.

So lässt sich z.B. bei Kindern das Vorstellungsvermögen gezielt fördern, indem man die Geschichte unterbricht und das zuhörende Kind fragt: „Und wie stellst du dir das Ende vor? Was, denkst du, wird passieren?“

Mädchen mit Sonnenhut und Kleid liest ein Buch im Garten in der Wiese sitzend. Daneben liegt ein Apfel.
Bücher geben Kindern Struktur und Orientierung.

Foto: Pixabay

Vorlesen sorgt für Struktur

Kinder bekommen durch das Vorlesen von Texten eine erste Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert. „Sie begreifen: Eine Geschichte hat einen Anfang und ein Ende. Sie lernen – zumindest in unserem Schriftsystem – dass man von rechts nach links blättert und dass man wieder von vorne anfangen kann“, so Prof. Dr. Simone C. Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung in Mainz.

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Vorlesen belebt bei älteren Menschen die Erinnerung

Auch bei Senioren wirkt sich Vorlesen positiv aus: So sieht die deutsche „Stiftung Lesen“ etwa als Vorteile, dass der aktive Wortschatz neu belebt wird und Erinnerungen an die eigene Lebensgeschichte wach werden.

Die reine Vorlesezeit für ältere Menschen sollte übrigens nicht mehr als 7 Minuten betragen. Das erscheint auf den ersten Blick kurz – doch Tests haben gezeigt, dass nach dieser Zeit die Zuhörbereitschaft rapide absinkt.

Vorlesen = gelassenere Eltern, entspanntere Kinder

Wer aktiv vorliest, kann nicht Trübsal blasen oder Probleme wälzen.

Vorlesen bringt einen sofort auf andere Gedanken. Eine große Studie der amerikanischen Rutgers University kam sogar zum Schluss: Vorlesende Eltern sind entspanntere Eltern – und davon profitiert natürlich auch der Nachwuchs.

Konkret wurden 2.165 Mütter aus 20 großen US-Städten gefragt, wie oft sie ihren ein- bis dreijährigen Kindern vorlesen. Zwei Jahre später bat man die Mütter erneut zum Interview – und fragte unter anderem ab, wie oft sie sich zum Schimpfen, Schreien oder physisch harschem Verhalten in Bezug auf ihre Kinder hinreißen ließen.

Fazit: Wer seinen Kindern regelmäßig vorgelesen hatte, pflegte später einen vergleichsweise liebevolleren und gelasseneren Umgang mit seinen Kindern. Zugleich fielen die Kinder, denen viel vorgelesen wurde, seltener durch aggressives oder hyperaktives Verhalten auf.

Vorlesen = gemeinsame Zeit

Und das wiederum stärkt die Beziehung zwischen den Vorlesenden und den Zuhörenden. Das gilt für Eltern und Kinder, Großeltern und Enkel, Lehrer und Schüler oder Partner, die einander z.B. als gemeinsames Abendritual vorlesen. Audio-Books können dieses Gefühl von Bindung und Nähe nicht vermitteln, weil Gestik und Mimik fehlen, die der Vorlesende zu Tage zeigt und der Zuhörende aufnimmt. Noch ein Grund mehr, sich ein Buch zu schnappen und das Vorlesen zu einer Routine zu machen, oder?