Finanzielle Unabhängigkeit für Frauen: Strategien und Tipps
Einkommensungleichheit, familiäre Verpflichtungen und Teilzeitarbeit sorgen bei Frauen oft für finanzielle Engpässe, vor allem im Alter: Finanzexpertin Dr. Marietta Babos zeigt, wie du deine Zukunft absicherst. Verständlich erklärt und ohne Fachbegriffe.
Darum ist es wichtig, über deine Finanzen zu sprechen
Über Geld spricht man nicht? Vergiss den Spruch! Vor allem Frauen sollten über Geld sprechen, denn sonst schauen sie schnell durch die Finger – und müssen im Alter jeden Cent drei Mal umdrehen.
Die Probleme? Einerseits besteht nach wie vor ein Ungleichgewicht in Sachen Einkommen zwischen den Geschlechtern. Und zum anderen können viele Frauen durch familiäre Verpflichtungen nur Teilzeit arbeiten – was sich letztlich negativ auf die Vermögensbildung und die Pension auswirkt.
Im Detail:
Gender Pay Gap: Frauen verdienen in Vollzeit nach wie vor oft weniger als Männer. Der Gender Pay Gap lag in Österreich 2022 bei 18,4 Prozent.
Teilzeitarbeit: Durch die traditionelle Rollenverteilung können Frauen mit Kindern (oder auch pflegebedürftigen Angehörigen im Haushalt) oft nur Teilzeit arbeiten – und haben dadurch weniger Einkommen und letztlich auch weniger Pension. Denn das staatliche, österreichische Pensionssystem ist nicht nur von der Anzahl der Beitragsmonate abhängig, sondern auch von der Höhe des Bruttoeinkommens.
Stagnierender Marktwert. Zudem ist es nach Kinderbetreuungszeiten oft schwer, den Karrierepfad nahtlos weiter zu verfolgen und den Marktwert nicht zu verlieren oder zu steigern.
Keine Angst vorm Thema Finanzen – du kannst nur gewinnen!
Wirtschaftswissenschaftlerin und Finanzexpertin Dr. Marietta Babos hat es sich mit der Gründung der unabhängigen Finanzberatungsplattform damensache.at zur Aufgabe gemacht, Frauen zu einem finanziell selbstbestimmten Leben zu verhelfen.
„Ich habe am Beispiel meiner früh verwitweten Mutter miterlebt, wie schnell Frauen in die Altersarmut schlittern können. Das muss nicht sein. Ich möchte jungen Frauen zeigen, wie man gegensteuern kann“, so die Expertin, die auch oft Vorträge an Schulen und Universitäten hält, weil Finanzbildung nach wie vor kaum am Lehrplan steht. "Kürzlich habe ich gehört, dass Kinder im Mathematik-Unterricht gelernt haben, zu berechnen, wie hoch der Alkoholgehalt von einem Sekt-Orange ist“, so Dr. Babos lachend. "Das ist sicher auch nicht unwichtig. Aber wie man für seine Zukunft vorsorgt, ist viel zu selten Thema.“
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In 8 Schritten deine Zukunft absichern
Ein häufiger Fehler ist, erst sehr spät mit dem Aufbau eines finanziellen Polsters für Investitionen oder Sparpläne zu beginnen. „Ideal ist, dann zu starten, sobald man ein sicheres Einkommen hat", sagt Dr. Marietta Babos. "Ich weiß, das fällt vielen schwer, weil sie denken: Nach der Ausbildung will ich mein Gehalt erstmal auf den Kopf hauen – und mir Dinge leisten, die während der Schule, der Lehre oder des Studiums nicht drin waren. Aber je früher man anfängt, desto mehr Vermögen kann man – ohne große Einschränkungen – aufbauen.“
1. Teile dein Geld smart auf
Die Expertin empfiehlt, das Gehalt folgendermaßen aufzuteilen:
- 30 bis 40 % für Wohnen inklusive Betriebskosten
- 20 % für Essen
- 10 % für Freizeit & Kultur
- 10 % für Aus- und Weiterbildung
- 10 bis 20 % für Vorsorge (Sparplan, private Pensionsvorsorge, Investments)
Für Anfänger:innen gilt: Erspartes zumindest auf ein Tages- oder Festgeld-Konto geben, das höhere Zinsen als ein Girokonto bietet. Vergleichsportale wie https://www.bankenrechner.at/sparen (wird von den Arbeiterkammern betrieben), www.finanzrechner.at oder https://durchblicker.at/tagesgeld helfen die besten Angebote zu finden
2. Kenne deine Pensionslücke – und entwickle ein Ziel
Die Pensionslücke ist nicht nur ein Schlagwort. Sie ist real – vor allem für Frauen. Am Ende des Arbeitslebens steht man plötzlich mit sehr viel weniger Geld da, als man in der aktiven Zeit zur Verfügung hatte.
Weißt du, wie hoch deine Pension einmal sein wird?
Mit dem Pensionsrechner der Pensionsversicherungsanstalten kannst du deinen aktuellen Pensionskonto-Status einsehen:
https://www.pv.at/web/pension/pensionsrechner
Na, reicht die monatliche Summe, um damit weiterhin die Dinge machen zu können, die du heute gerne tust, z.B. mit Freunden auf einen Kaffee gehen, verreisen, dir vielleicht mal eine Massage gönnen, beim Einkauf im Supermarkt nicht auf jedes Preisetikett schauen zu müssen?
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3. Familie? Sprich das Pensionssplitting aktiv an
Solltest du in einer Partnerschaft leben, Kinder haben bzw. Kinder planen und den Hauptteil der Erziehungsarbeit leisten, sprich das Modell des Pensionssplitting an. In der Schweiz, in Deutschland und in Schweden ist dieses bereits etabliert. In Österreich basiert Pensionssplitting noch auf freiwilliger Basis.
Prinzipiell kann das Pensionssplitting zwischen verheirateten und nicht verheirateten Eltern vereinbart werden, unabhängig davon, ob sie in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Dr. Marietta Babos erklärt: „Der mehrverdienende Elternteil kann bis zu 50 % der staatlichen Pensionsbeiträge, die in dem Kalenderjahr angefallen sind, auf den Partner oder die Partnerin übertragen. Man kann das sogar nachträglich bis zum 10. Lebensjahr des jüngsten Kindes beantragen. Dafür gibt es ein Formular auf der Website Pensionsversicherungsanstalt.“ Mehr Infos findest du hier.
4. Investiere in dich selbst
Regelmäßig in Wissen und neue Fähigkeiten zu investieren, kann langfristig zu einer besseren finanziellen Situation führen, insbesondere nach einer Familiengründung.
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5. Suche neue Einkommensquellen
... anstatt dich kaputt zu sparen. Womit könntest du dir etwas dazu verdienen? Hast du vielleicht ein Hobby oder ein Talent, dass sich zu Geld machen ließe? „Frauen tendieren dazu, sich zu Tode zu sparen, wenn sie merken: Das Geld für meine Wünsche reicht nicht. Männer hingegen schauen: Was kann ich machen, um mehr zu verdienen? Wenn ich als Frau z.B. gut im Umgang mit Social Media bin, gerne Fotos mache und Videos bearbeite – warum diese Aufgabe nicht für kleine Unternehmen in der Umgebung übernehmen?“
6. Führe regelmäßig (!) Gehaltsverhandlungen
„Wir fragen bei unseren Beratungsterminen bei www.damensache.at immer: Wann war die letzte Gehaltsverhandlung – und wann ist die nächste?“, so Dr. Marietta Babos. „Oft lautet die Antwort: ‚Ich hatte kein Gespräch, ich habe nie bewusst eine Gehaltsverhandlung geführt‘. Das ist verlorenes Geld. 5 bis 10 Prozent Gehaltserhöhung sind meistens drin, wenn man seine Erfolge gut argumentiert. Und wenn ich diese Verhandlungen regelmäßig führe, macht das z.B. in zehn Jahren einen enormen Unterschied für mein Gehalt – und auch für meine Pension.“
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7. Informiere dich über Investments und Anlageformen
Jede Anlageform hat Vor- und Nachteile. Dr. Babos empfiehlt, sich regelmäßig über verschiedene Investmentmöglichkeiten zu informieren, um das für sich passende zu finden.
Schließe mit dir selbst einen Deal ab: Verwende z.B. einen Abend pro Woche, um dich mit dem Thema Finanzen vertraut zu machen – anstatt einen Film oder eine Serie zu schauen. Auch Babos' Finanzratgeber & Karriereplaner "Geld ist Damensache" kann helfen, dir einen besseren Überblick zu verschaffen. Wissen ist Macht. Und du bekommst schnell ein Gefühl dafür, was für dich passt.
8. Strukturiere deinen Vermögensaufbau zeitlich
Um in jeder Lebensphase genug Geld zu haben, empfiehlt Dr. Babos, das Vermögen in drei Teile aufzuteilen:
Baue dir eine Cash-Reserve zur Absicherung der Gegenwart auf
Konkret heißt das: Du solltest Geld für 3 bis 6 Monate auf der hohen Kante haben, um die Fixkosten bei Jobverlust oder einem Notfall abdecken zu können.
„Diese Summe sollte man als Erstes aufbauen,“ so Dr. Marietta Babos. „Der Betrag liegt in der Regel zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Er kann aber natürlich entsprechend mehr sein, wenn man weiß: Ich brauche demnächst eine teure Zahnbehandlung. Oder ich will eine Weiterbildung starten, meine Hochzeit feiern, mir eine Vespa kaufen, …“.
Auch hier gilt: Das Geld nicht am Girokonto lagern, sondern auf ein Tages- oder Festgeldkonto legen. Diese Konten lassen sich online kostenlos eröffnen und bringen bessere Zinsen, zumindest wird damit ein Teil der Inflation abgefangen.
Leg einen Sparplan für mittelfristige Ziele fest (5 bis 10 Jahre)
Beginne mit dem langfristigen Vermögensaufbau für die Pension
Für längere Sparpläne kann man in alle Richtungen denken: Gold als steuerfreies Investment und langfristige ETF-Sparpläne können hierbei interessant sein. „Gold-Gewinne sind nach einem Jahr steuerbefreit. Das ist vielen nicht bewusst“, so Babos. „ Man spart sich beim Verkauf – also nach Ablauf der einjährigen Haltefrist – die sonst üblichen 27,5 Prozent Kapitalertragssteuer. Denn Gold wird aus der Sicht des Finanzamtes nicht als Geld, sondern als Ware gehandelt.“ Kurz. „Ich empfehle Frauen, eine Goldreserve in Mini-Schritten aufzubauen. Es gibt Gold-Sparpläne, die beginnen schon ab 35 Euro monatlich aufwärts. Der Goldpreis ist immer wieder kurzfristig volatil, aber langfristig steigend. Die Vergangenheit hat gezeigt: Bei Krisen wie Pandemie, Ukraine-Krieg, Gaza-Israel-Konflikt geht der Goldkurs immer nach oben“.
So investierst du nachhaltig und umweltbewusst – Podcast mit Umweltökonom Benedict Probst
Unserem Planeten ging es schon einmal besser. Schuld daran hat u. a. das „Bigger, better, faster, more“-Denken. Wir begeben uns in dieser Folge des Podcasts auf die Suche nach dem Stein der Weisen, um es im Harry-Potter-Jargon auszudrücken: Können wir unser Geld sinnvoll, nachhaltig und zugleich gewinnbringend investieren? Weiterlesen...
Achtung bei Einzelaktien!
Die Expertin weiter: „Riskant und nicht empfehlenswert sind Einzelaktien oder Anleihen von einzelnen Unternehmenen – vor allem, wenn man nicht sattelfest in diesem Bereich ist“, so Dr. Babos. „Wenn ich mein Geld in nur ein paar Unternehmen investiere, dann ist das Schicksal von meinem Ersparten an diese Unternehmen gekoppelt. Deswegen rate ich eher zu Wertpapierfonds, da ist das Risiko breiter gestreut, denn man hat gleich hunderte Unternehmen im Portfolio“.
„ETF-Sparpläne über Versicherungen wiederum bieten langfristig Steuervorteile. Man muss sich die Konditionen der unterschiedlichen Anbieter aber sehr genau ansehen“, so Dr. Babos.
Zur Expertin:
Dr. Marietta Babos ist Gründerin der unabhängigen Finanzberatungsplattform www.damensache.at und Autorin des Buchs „Geld ist Damensache“. Das Portal bietet kostenlose Beratungen für Frauen und viele Fakten zum Thema Geld und Ansparen. Babos versteht sich als Botschafterin für die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen in Österreich und ist Vortragende für Unternehmen, Frauennetzwerke, Events und Bildungseinrichtungen.
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