Was ein Paleo-Ernährungsplan alles kann – Ein Selbstversuch in 30 Tagen
Essen mit (Urzeit-)Menschenverstand: Unsere Autorin Janina Lebiszczak versucht, nach dem Paleo-Prinzip zu leben. Die „Steinzeit“-Ernährung soll sich auf Waage, Wohlbefinden und Gesundheit auswirken. Ein Selbstversuch.
Gemüse, Gemüse, Gemüse, dazu Ei, frischer Fisch oder Fleisch. Kohlenhydrate liefern Avocado, Süßkartoffel und Nüsse. Die Rezepte aus dem Selbstversuch findest du hier. Wie es unserer Autorin in ihrem Selbstversuch mit dem Paleo Ernährungsplan erging, hat sie hier zusammengefasst.
30 Tage: Die Paleo-Basics
Was auf den Tisch kommt:
- Gemüse: die Basis der „Paleodiät“; wird reichlich konsumiert
- Fleisch/Fisch: von Tieren, die in ihrer natürlichen Umgebung mit natürlichem Futter aufgewachsen sind
- Eier in Bioqualität
- Nüsse/Samen
- gute Fette & Öle (Olivenöl, Ghee, Kokosöl etc.)
- Obst (in Maßen)
- Was weggelassen wird: Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Milchprodukte, Zucker, künstliche Süßstoffe, verarbeitete Lebensmittel und künstliche Zusatzstoffe
Los geht es mit dem Ernährungsplan
Paleo. 30 Tage lang. Schaffe ich das? Ich schaffe das! Immerhin: Ich habe wahrscheinlich jede Diät der Welt ausprobiert – noch bevor man zur Diät freundlicherweise „Ernährungsumstellung“ sagte. Auch mit raschen Erfolgen, aber stets fiel ich nach kurzer Zeit in alte Muster zurück. Das schnelle Sandwich aus dem Supermarkt sättigt ja auch, wozu sich also wirklich mit der nächsten Mahlzeit beschäftigen – oder mit dem, was drin steckt. Paleo – das bedeutet in der „strengen Phase“ des ersten Monats vor allem Weglassen: kein Zucker, kein Getreide, keine Milchprodukte, keine Hülsenfrüchte. Keine verarbeiteten Lebensmittel und künstliche Zusatzstoffe, keine raffinierten Pflanzenöle und Fette. Also alles frisch – Gemüse, Eier, Fleisch, Fisch und Obst, am besten bio. Und: Nüsse. Sie sollen zu meinen besten Freunden werden.
Die Motivation dahinter? Ich möchte meine Ernährung endgültig umstellen. Nicht immer wieder toll abnehmen, um dann noch toller wieder zuzunehmen. Ich will mich gesünder fühlen und weniger müde sein. Im Sport mehr leisten können – und ich möchte als Hashimoto-Betroffene herausfinden, ob es tatsächlich stimmt, dass sich diese sehr „saubere“ Ernährungsweise positiv auf die Symptome von Autoimmunerkrankungen auswirkt. Immerhin soll ein Paleo Ernährungsplan den Darm und damit das Immunsystem entlasten, klassische Hashi-Symptome (in meinem Fall Anfälligkeit für Erkältungen, Hautausschläge, trockene Haare, häufiges Frieren etc.) sollen gelindert werden. Deshalb habe ich entschieden, mich diesem Experiment zu stellen, begleitet von den Paleo-Coaches Ivana und Markus van Walden.
Tag 1: Der erste Morgen beginnt mit in die Spüle gespucktem Kaffee. Ich habe ihn aus Gewohnheit mit Milch und etwas Süßstoff gepimpt. Weg damit. In der strengen Phase möchte ich sogar auf Pflanzenmilch verzichten. Der Kaffee wiederum ist als Paleo-Lebensmittel akzeptabel, weil er nicht, wie oft vermutet, aus einer Hülsenfrucht gemacht wird. Während des restlichen Tages verbringe ich viel Zeit damit, meine Vorräte auf Paleo zu trimmen. Ich verschenke reichlich Mehl, Nudeln, Kartoffeln, Reis und Süßigkeiten. Besonders weh tut der Abschied vom Käse.
Tag 3: Meine Beziehung zum Gemüsestandler ums Eck intensiviert sich. Der begeisterte und nun wohlhabende Verkäufer schenkt mir einen Smoothie. Beim Fischhändler meines Vertrauens gönne ich mir noch ein Stück Wildlachs – zusammen mit frischem Brokkoli ein Gourmet-Menü. Als Dessert gibt es Beeren und Nusssplitter. Ich fühle mich luxuriös.
Tag 5: Einmal die Woche gehe ich zum Boxtraining, so auch heute. Von einem Leistungsabfall – immerhin verzichte ich auf beinahe alle Kohlenhydrate – merke ich nichts. Von mehr Power allerdings auch nicht. Nur den Bärenhunger am Tag danach. Bereits zum Frühstück, das ist bei mir immer so um 11 Uhr, bereite ich mir eine riesige Schüssel Thunfischsalat zu. Bei einem Termin abends klaube ich den Mais aus Salat Nummer zwei. Noch etwas ist bemerkenswert: Ich scheide in einer Tour aus. Ich glaube, das ist ein Phänomen, das sich Menschen wünschen, die „detoxen“.
Tag 6: Und da ist er. Nach einer guten Startphase befinde ich mich nun im kalten Griff des Zuckerentzugs. Ich verzichte ja nicht nur auf Süßes, sondern auch auf industrielles Essen – und das ist voll mit Zucker. Ich chatte mit meinen Coaches und lerne einen neuen Begriff: Brain Fog, Gehirnnebel. Trifft den Nagel auf den Kopf – und genau der streikt. Vergesslichkeit, Verwirrtheit und Stimmungsschwankungen. Nicht, dass ich jetzt großen Appetit auf Süßes hätte, nein, das ist nicht das Problem. Sondern, dass meine Birne Matsch ist. Ich esse eine Birne, es hilft nicht.
Tag 7: Noch in der Talsohle: Beim Yoga tue ich mir echt schwer – körperlich, aber auch in puncto Gehirnnebel. Abends bestelle ich im Netz einen Gemüsezerkleinerer. Das dauernde Schnippeln hat zwar etwas Meditatives, aber ich habe ja auch noch einen Job.
Tag 9: Immer noch foggy von meinem Paleo Ernährungsplan-Experiment. Ich erkläre meine Verwirrtheit den Freundinnen und entschuldige mich bei den Arbeitgebern für vergessene Abgaben und Überreaktionen. Trotzdem: Hunger verspüre ich zu keinem Zeitpunkt. Obwohl ich wirklich artig auf alles verzichte, was rasch sättigt.
Tag 11: Es geht aufwärts, denn ich habe ein paar Paleotricks verinnerlicht. Erstens: Sei vorbereitet. Also koche ich riesige Töpfe Gemüsesuppe, der Pürierstab glüht, ich werde schnell satt und vor allem: Es schmeckt! Meine Karotten- Kürbis-Süßkartoffel-Suppe mit einem Schuss Kokosmilch macht süchtig. Ich frühstücke, mittagesse, abendesse Suppe. Ich bin Suppe. Zweitens: Die Nuss ist dein Freund. Wie schnell die Leistungskurve nach dem Konsum einer Handvoll Mandeln oder Walnüsse wieder hinaufschnellt, ist beeindruckend. Und da ich keine Kalorien zählen muss, schmecken sie auch besser.
Tag 13: Ich bin am Set, wir fotografieren für ein Kochbuch. Überall stehen Köstlichkeiten herum. Ich ignoriere den Cheesecake und warte auf die Crew-Grillerei am Abend. Grillereien mit viel Gemüse sind Paleo-Heaven.
Tag 15: Komplimente! Ich freue mich über liebe Worte zu Haut, Haar und Silhouette. Die Entzugserscheinungen sind vorbei. An ihre Stelle tritt pure Power. Körper und Kopf laufen auf Hochtouren. Sport, Job, Sex – das Leben ist schön!
Tag 16: Ich betrachte meine Zunge nicht so oft, aber nun ist es mir aufgefallen: Der Belag ist weg. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht der Verzicht auf Milchprodukte, die sollen ja „verschleimen“.
Tag 22: Mittlerweile bin ich eine passable Köchin und ziehe meinen Paleo Ernährungsplan bedingungslos durch! Nur bei Süßspeisen – der Zucker kommt dabei aus Dattel und Banane – kapituliere ich. Aber es gibt wirklich gute Paleo-Kekse, die man bestellen kann. Ich kontrolliere dreimal die Zutatenliste, passt, schmeckt.
Tag 24: Paleo geht ins Geld. Reis, Nudeln, Gebäck – das ist einfach günstiger als Fisch, Fleisch und Eier in bester Bioqualität. Mein enormer Gemüsekonsum gleicht die Schere zwar etwas aus, trotzdem ist der Wocheneinkauf teilweise deutlich teurer als zuvor.
Tag 25: Ich backe ein Paleobrot. Eh gut. Aber irgendwie dürfte ich trotz den Tonnen an Gebäck, die ich früher verzehrte, gar nicht so der Gebäckfreak sein.
Tag 26: Mein Schlafrhythmus verschiebt bzw. verbessert sich. Statt wie üblich um 22 Uhr erledigt am Sofa wegzudämmern und um 5 Uhr früh groggy aufzuwachen, schlafe ich nun von Vor-Mitternacht bis morgens um sieben wie ein Baby.
Tag 28: Langsam mache ich mir Gedanken, wie es weitergehen soll, danach. Schon klar: Wenn ich so weiteresse, mutiere ich wahrscheinlich zum superschlanken, supergesunden Supermenschen. Aber eine Prolongierung der strengen Phase scheint mir nicht realistisch. Ich esse Kuhmilchkäse – es ist immerhin knapp vor Ende. Am nächsten Tag ist meine Zunge ein bisschen belegt, und ich habe Durchfall. Ob das das schlechte Gewissen ist oder eine Unverträglichkeit, weiß nur Gott.
Tag 29: Der beste Zulieferer meiner Gegend führt neuerdings für meinen Paleo Ernährungsplan Menüs. Ein Zeichen! Und wenn ich zum Essen eingeladen werde, achte ich darauf, dass das Gericht nicht in Mehlsauce schwimmt, und verzichte auf die Sättigungsbeilage. Es geht, es geht gut.
Tag 30 – und bis in die Ewigkeit und noch viel weiter. In der Zeit nach der strengen Phase habe ich viel experimentiert. Mal das eine, mal das andere „zugeführt“, was 30 Tage tabu war. Fazit: Ich spüre nun deutlicher, was mir guttut und was nicht. Mit Schaf- und Ziegenkäse jedenfalls habe ich keine Probleme, auch nicht mit Hülsenfrüchten ab und zu, nur kommen die nicht mehr aus der Dose. Pasta und Brot sind aus meinem Leben quasi verschwunden, ohne jeglichen Schmerz. Erdäpfel dürfen zwei-, dreimal im Monat auf den Tisch, detto Reis. Und natürlich hab ich Süßes probiert. Aber diese „Cheats“ wurden nicht wieder zur Gewohnheit. Ich bin kein Zuckerjunkie mehr. Positiv ist auch, dass ich mich ans Frischkochen gewöhnt habe und dass ich Lebensmittel genauer unter die Lupe nehme. Sogar einen Wiener Hendlbauern für frische Eier habe ich in mein Leben geholt. Wermutstropfen: Beim Fleisch- und Fischkonsum muss ich mich darum bemühen, dass er finanziell nicht über das für mich vertretbare Limit schießt.
Paleo Ernährungsplan, ein Fazit vom Fazit
Diese 30 strikten Tage am Beginn sind wichtig. Ich glaube nicht an gemütliche Umstellungen. Wir brauchen diese Auszeit, dieses Besondere, diese Chance auf etwas Neues. 30 Tage sind der Zeitraum, in dem man anfängt, Gewohnheiten und Rituale zu entwickeln. Und ich mag meine neuen Gewohnheiten.
Unsere Autorin, Janina Lebiszczak, ist Schilddrüsenpatientin. Bei der Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis kommt es zu einer Schilddrüsenunterfunktion und einer Zerstörung von Schilddrüsengewebe. Ein Leben nach dem Paleo-Prinzip wird bei Autoimmunerkrankungen empfohlen, so auch von der behandelnden Ärztin. Die glutenarme und vitalstoffreiche Ernährung (Autoimmunpatienten leiden oft unter Mangel an Selen, Vitamin B12 etc.) hilft Betroffenen dabei, sich wohlzufühlen.