In Partnerschaft mit

Was passiert eigentlich beim Fasten

Fastenzelle, die tanzt

Bild: WaldundSchwert

Anzeige
Anzeige

„Es erstaunt mich seit Jahren und jedes Mal aufs Neue, was Fasten alles bewirken kann“, sagt Andreas Michalsen. Er ist Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin (Schwerpunkt u. a. Rheumatologie) und untersucht, wie sich das Fasten auf die Gesundheit von Menschen auswirkt. Neues zu entdecken gibt es dabei tatsächlich immer noch genug. Zwar kennen alle Weltreligionen und alle Kulturkreise das Fasten seit Jahrtausenden, aber die moderne Medizin hat das Thema erst vor wenigen Jahren für sich entdeckt. Es schenkt uns Energie und Lebensfreude, macht uns gesünder, fitter und sogar jünger – und startet ein wundersames Reinigungsprogramm in unseren Zellen: die Faszination Fasten im aktuellen Stand der Forschung.

Und das gar nicht einmal, weil es den Menschen beim Abnehmen helfen kann (wenngleich das oft einen willkommenen Nebenaspekt darstellt), sondern weil es auf beinahe unglaubliche Weise unserer Gesundheit nützt, weil wir uns besser und fitter fühlen und mehr Energie haben, wenn wir fasten.

Unsere Gene sind auf Essenspausen programmiert
In den vergangenen Jahren haben wissenschaftliche Studien nach und nach untermauert, dass es nicht nur wichtig ist, was wir essen, sondern mindestens genauso wichtig, wann wir das tun – oder, genauer gesagt, wann und wie lange wir das eben nicht tun.

Anzeige
Anzeige

Seither sind ganz neue Forschungszweige rund um das Thema Fasten entstanden. Biochemiker beschäftigen sich genauso damit wie Genetiker, Krebsforscher und Ernährungswissenschaftler. Immer klarer stellt sich dabei heraus, was für Menschen, die sich schon durch Diäten geplagt (Glückwunsch!) oder geschwindelt (macht nichts, völlig klar!) haben, großartig klingen muss: Phasenweise nichts zu essen gehört zu unserem Menschsein. Wir haben das Fasten in den Genen.

Es ist nämlich gar nicht vorgesehen, dass wir wie im Schlaraffenland leben. Ganz im Gegenteil, wir sind auch auf Essenspausen programmiert. Über Millionen von Jahren war das eine Überlebensnotwendigkeit – schließlich war Nahrung nicht immer verfügbar –, später eine Gewohnheit. „Noch für unsere Großeltern war es normal, etwa nach 18 Uhr nichts mehr zu essen und auch zwischen den Mahlzeiten nichts. Das haben wir in den vergangenen Jahren verlernt“, sagt Fastenmediziner Michalsen.

„Die wirksamste Therapiemethode der Naturheilkunde“
Forscher wie Michalsen finden immer mehr heraus, wie sehr es sich lohnt, das phasenweise Nichtessen wieder zu erlernen. Aktuelle Forschungsergebnisse lassen Fasten beinahe als gesundheitliches Wundermittel erscheinen: Es verjüngt uns auf zellulärer Ebene, steigert unser Wohlbefinden, hilft beim Abnehmen, kann Rheuma lindern und Bluthochdruck senken, Demenz und Alzheimer vorbeugen und bei vielen anderen Erkrankungen, aber auch bei Chemotherapien unterstützend wirken. Jüngste Ergebnisse in Deutschland geben sogar Hinweise darauf, dass Essenspausen Typ-2-Diabetes vorbeugen können. Zumindest bei Mäusen sieht es ganz danach aus, weil lange Kalorienpausen bei ihnen die Fettansammlung in Leber und Bauchspeicheldrüse hemmen.

„Das Fasten ist für mich die am stärksten wirksame Therapiemethode der Naturheilkunde“, sagt Andreas Michalsen. Und er stellt nicht nur erstaunt fest, wie vielfältig das Fasten wirkt, sondern auch, wie leicht es seinen Patienten fällt. „Für viele ist es wie ein Reset, ein gesundheitlicher Neustart.“

Schon nach 15 Stunden geht’s dem Fett an den Kragen
Wie aber funktioniert das Wundermittel Fasten? Was geschieht in unserem Körper, wenn wir beschließen, über mehrere Stunden oder sogar Tage oder gar Wochen nichts zu essen? Kurz gesagt: Unser Körper aktiviert einen über Millionen von Jahren perfektionierten Prozess, er schaltet auf Autopilot. „Er kennt den Prozess der Nahrungsaufnahme, aber eben auch den zweiten, in dem er keine Nahrung bekommt, sondern auf Reserven zurückgreifen muss“, sagt Michalsen. Das läuft übrigens nicht nur beim Menschen so ab, sondern auch bei Tieren, an denen sich die Wissenschaftler das Phänomen Fasten jeweils anschauen, bevor sie sich an Studien mit Menschen wagen.

Am ersten Fastentag herrscht zunächst einmal Verwirrung in unserem Organismus – kein Wunder, so eine grundsätzliche Prozessumstellung erfordert schließlich ein wenig Zeit. Wir brauchen unsere schnell verfügbaren Zuckerreserven auf (die wir in Leber und Muskeln gespeichert haben), und unser Körper ist – Achtung, Hungersnot! – alarmiert. Er schüttet die Stresshormone Adrenalin und Cortisol aus. Ergebnis: Wir fühlen uns wacher als sonst. Als nächste Energiequelle werden die Eiweißvorräte im Verdauungstrakt und in den Muskeln aufgebraucht.

Parallel dazu geht es – bereits nach rund 15 Stunden – an unsere Fettspei- cher. Die Leber wandelt die Fette dann in sogenannte Ketone (Ketokörper) um. Unser Blutkreislauf bringt diese in Umlauf, um etwa Herz und Hirn mit Energie zu versorgen.

Ketone sowie Autophagie wirken Wunder
Offenbar sind diese Ketone viel mehr als ein Notfalltreibstoff für den Organismus. Sie können nachweislich dazu beitragen, dass sich Gehirnzellen ganz neu bilden, wodurch das Gedächtnis gestärkt und Alzheimer, Parkinson und sogar Multipler Sklerose zumindest vorgebeugt werden soll. Parallel dazu beginnt nach etwa 14 bis 18 Stunden Fasten auch die Autophagie verstärkt zu laufen. In diesem mysteriösen Prozess befreien sich unsere Zellen von defekten Molekülen und verwenden Teile davon, um sich selbst zu erneuern. Die Autophagie haben alle Organismen drauf, Menschen genauso wie Tiere, Pflanzen und auch Hefen. Bei uns Menschen wird dieser Prozess durch mehr als hundert Gene gesteuert.

Was Fasten alles nicht ist

Fasten: Illustration einer Zelle

Bild: WaldundSchwert

  1. Fasten ist keine Diät
    Wer eine Diät macht, will meistens schnell Gewicht verlieren – zumindest schneller, als es mit einer echten Umstellung seiner Ernährung gehen würde. Beim Fasten aber stehen nicht verlorene Kilos, sondern Entgiftung und Regeneration im Vordergrund. Gerade beim Heilfasten verlieren die meisten Menschen allerdings auch an Gewicht (zwei bis drei Kilo die Woche, je nachdem, wie hoch der Ausgangswert liegt). Oft ist es zunächst Wasser, das wir abbauen, weil wir auf einmal deutlich weniger Salz zu uns nehmen. Manche nehmen nach dem Fasten auch wieder zu. Dennoch kann es ein guter Impuls sein, seine Essgewohnheiten zu hinterfragen und gesünder zu essen.

  2. Fasten ist nicht hungern
    Hunger ist eine der schlimmsten Erfahrungen, die Menschen machen können. Er stellt einen erzwungenen Mangel an Nahrung dar, der unser Leben gefährden kann. Niemand wünscht es sich, zu hungern. Das Fasten aber machen wir freiwillig. Nach einer Umstellungsphase fällt beim Fasten der Hunger auch erstaunlich oft weg, weil der Körper sich bei seinen Reserven bedient. Und generell gilt: Was wir schnell einmal Hunger nennen, ist oft nichts anderes als Appetit. Oder Durst. Oder schlicht Gewohnheit.

  3. Fasten ist nicht genussfeindlich
    Fasten und genussvoll essen sind kein Widerspruch. Das Intervallfasten etwa erlaubt es, beides miteinander zu verbinden. Und selbst wer länger fastet, wird im Anschluss daran oft sogar viel bewusster genießen, viel besser schmecken und genauer wahrnehmen können, was ihm guttut und was nicht. Außerdem ist Genuss ja auch nicht das Gleiche wie Völlerei.

Autophagie – was ist das?

Autophagie Illustration: meditierende Zelle

Bild: WaldundSchwert

Unsere Zellen beherrschen das genialste Recyclingprogramm der Welt. Der Japaner Yoshinori Ōsumi erhielt 2016 den Nobelpreisträger dafür, dass er herausfand, wie es funktioniert. Wenn unser Organismus keine Nahrung erhält, macht er sich nach einiger Zeit daran, seine Reserven aufzubrauchen. Er nützt die Gelegenheit für einen faszinierenden Selbstreinigungsprozess in unseren Zellen, den wir Autophagie nennen und erst seit einigen Jahren so richtig zu verstehen beginnen.

Autophagie lässt unsere Zellen besser funktionieren – oder absterben.
In der Autophagie werden Zellschrott, kaputte Eiweiße und andere defekte Moleküle in eine dünne Hülle gepackt und durch Verdauungsenzyme in ihre Einzelteile zerlegt. Manche davon werden als Baumaterial für neue Eiweißstoffe wiederverwertet. Was dafür nicht mehr taugt, wird von der Zelle zur Energiegewinnung verheizt – und ist die Zelle insgesamt einfach zu kaputt, sorgt die Autophagie für ihre Selbstzerstörung. So können junge, leistungsfähige Zellen an ihren Platz treten.

Unsere Zellen sind wie eine Fabrik. Erst wenn kein neues Material zu verarbeiten ist, können sie sich um ihre Reparatur kümmern.
Das bedeutet: Solange wir unserem Organismus Nahrung liefern, muss diese verarbeitet werden. Erst Essenspausen lassen die Maschinen langsam zum Stillstand kommen und ermöglichen ihnen, sich um ihre eigene Reparatur zu kümmern. Wie lange diese Pausen sein müssen, weiß die Wissenschaft noch nicht genau. Als Richtwert gelten 14 bis 18 Stunden, allerdings ist das individuell sehr unterschiedlich. „Wenn du noch nie geputzt hast, weißt du nicht einmal, wo du anfangen sollst“, beschreibt der Grazer Mikrobiologe Slaven Stekovic eine mögliche Situation in der Zelle.

Spermidin, Kaffee und Sport fördern Autophagie. Fasten ist der stärkste Autophagie-Impuls. Aber nicht der einzige. Sport fördert die Autophagie ebenso wie Kaffee. Forscher um den Grazer Biochemiker Frank Madeo entdeckten, dass auch das körpereigene Spermidin, das so heißt, weil es hochkonzentriert in männlicher Samenflüssigkeit vorkommt, die Autophagie in Gang setzen kann. Spermidin ist genauso in Nahrungsmitteln enthalten, etwa in Weizenkeimen oder Champignons. Dasselbe könnte für Flavonoide gelten, spezielle Pflanzeninhaltsstoffe. Die Forschung steht hier aber noch am Anfang.

Wie fange ich an?

Illustration einer Zelle mit Zeitung

Bild: WaldundSchwert

Intervall-, Heil-, Basenfasten, zu Hause oder im Urlaub, auf eigene Faust oder mit Expertenbetreuung, allein oder in der Gruppe: So gelingt der Start
ins Abenteuer Fasten ganz einfach.

Fasten kann jeder. Nicht jeder sollte es, aber jeder kann es – und das liegt an der Zeit, in der wir Menschen Menschen wurden. Vor über zwei Millionen Jahren tappte nicht jeden Tag ein Wildschwein in die Fallen unserer Vorfahren, es gab weder Brot noch Milch noch Kühlschrank, nichts war einfach nur so zum Essen da. Oft tage- oder wochenlang mussten wir damals ohne Nahrung auskommen. Und wir konnten es, weil unser Körper lernte, auf Reserven zurückzugreifen. Wir haben all das vielleicht vergessen, aber unser Körper weiß es noch. Fasten heißt im Prinzip nichts anderes, als ihn daran zu erinnern.

Vor dem Fasten steht eine Frage: Will ich wirklich?
Es gibt ein paar Regeln, die für jeden gelten, egal für welche Form des Fastens man sich entscheidet.

  • Erstens: Du solltest es ernst damit meinen. Wer mit dem Fasten beginnt, gleichzeitig aber sorgfältig ein geheimes Süßigkeitendepot anlegt, der ist vielleicht einfach nicht so weit. Das ist in Ordnung und besser, als sich zu frustrieren.

  • Zweitens solltest du ganz schnell vergessen, dass man mindestens fünfmal am Tag essen und etwaigen Heißhunger mit Zwischenmahlzeiten bekämpfen sollte. Das hat sich einfach als falsch herausgestellt.

  • Und drittens ist es kein Fehler, ungefähr zu wissen, warum du fasten möchtest. Geht’s darum, gesünder zu leben und das Wohlbefinden zu steigern? Geht’s um die Hose, die nicht mehr passt? Oder ist es einfach an der Zeit, Körper und Geist mal wieder zu entgiften?

Erster Schritt: der Verzicht auf den Snack zwischendurch
Die Fastenform, die alle oben genannten Wünsche erfüllen kann, ist ausgerechnet jene, die streng genommen gar kein Fasten ist: das Intervallfasten. „Dass man dabei grundsätzlich alles essen darf und also auf gar nichts verzichten muss, nimmt schon einmal sehr viel Angst“, sagt Margit Fensl. Die Ernährungswissenschaftlerin und Buchautorin betreibt eine Praxis in Wienerherberg in Niederösterreich. Der Großteil der Menschen, die zu ihr kommen, möchte vor allem abnehmen, und viele sind schon oft daran gescheitert. Auch weil sie nicht nur viel, sondern auch ständig essen.

Ein erster Schritt zum Intervallfasten lautet also, auf den Snack zwischendurch zu verzichten. Das gilt auch für alle, die gar nicht abnehmen, aber durch das Intervallfasten ihre Gesundheit fördern wollen. Der Körper soll wieder lernen, dass er mehrere Stunden lang keinen Ka- loriennachschub bekommt. „Das ist nur halb so schwer, wenn man sich auf das spätere Essen freuen darf “, sagt Margit Fensl. Außerdem sei es nur eine Frage des Umgewöhnens. Dann falle der Hunger sowieso weg.

Was ist wichtiger: Frühstück oder Abendessen?
Beim gezielten Nichtessen kann es sehr helfen, richtig zu essen. Wer ein Morgentyp ist und sein Frühstück braucht, wird beim Intervallfasten um 8 Uhr frühstücken, dafür aber ab 16 Uhr nichts mehr essen, um auf sein 16-Stunden-Fastenfenster zu kommen. Wer hingegen nichts so sehr liebt wie das gemeinsame Abendessen, wird eben das Frühstück auslassen. „Das 16:8-Intervallfasten lässt sich besonders gut mit dem Alltag vereinbaren“, sagt Margit Fensl.

Vor allem, wenn man sich auch typgerecht ernährt, um Hunger vorzubeugen. Zur Vorbereitung auf das Fasten ist es also hilfreich, zu wissen, ob man eher durch Eiweiße oder durch Fette satt wird. Wie man das herausfindet, erklärt Margit Fensl zum Beispiel in ihrem carpe diem Podcast.

Illustration Zelle mit Notenschlüssel

Bild: WaldundSchwert

Heilfasten: besser nicht allein
„Heißhunger spielt auch beim Heilfasten keine Rolle, gerade das ist sehr faszinierend“, sagt Manfred Spahn. Seit vielen Jahren betreut der ausgebildete Fastentrainer Gruppen von Menschen, die beschlossen haben, eine Woche lang nichts oder nur sehr wenig zu essen. Er zieht sich mit ihnen in Klöster zurück, arbeitet mit ihnen in Wellnesshotels oder verbindet das Fasten durchaus einmal mit einer Reise.

Natürlich kann man auch zu Hause, mitten im Leben und ohne Manfred Spahn eine Woche lang nichts essen. „Wer das erste Mal fastet, sollte das aber zumindest nicht alleine tun“, sagt der Fastentrainer. Nichts zu essen und auch bei flüssiger Nahrung auf alles zu verzichten, was (wie etwa Milch) reich an Kalorien ist, ist schließlich nicht nichts – auch wenn der Körper nach der Umgewöhnung wirklich kaum Hungersignale aussendet, auch wenn viele Fastende von einem Fasten-High sprechen, von großer Euphorie, unendlich viel Energie und geistiger Klarheit, die sich durch das Heilfasten einstellen können.

Ein Fastenleiter sorgt zum Beispiel dafür, dass die Fastenden schon vor der Fastenwoche ein, zwei Gewöhnungstage mit leichtem Essen und weniger Kaffee einlegen, damit der Körper nicht von hundert auf null fällt. Er erinnert sie daran, viel Wasser und ungesüßten Tee zu trinken, weil wegen des Nahrungsentzugs zum Beispiel Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme, aber auch Gelenks- und Gliederschmerzen auftreten können. Er bietet Yoga und andere leichte Bewegungsübungen an, die für zusätzliches Wohlbefinden sorgen, und schickt alle an die frische Luft, weil Natur und Gehen ebenfalls positiv zum Fasten beitragen können. Und er erlaubt ihnen, viel zu schlafen, weil es den Körper auch anstrengt, auf seine Reserven zurückzugreifen.

Fasten kann auch Emotionen freisetzen
Gemeinsam mit den Mitfastenden stärkt der Fastenleiter diejenigen, die gerade eine Krise haben (ja, auch das kommt vor). Das können Hungerattacken sein, Kopfschmerzen, aber auch psychische Tiefs. „Viele bringen enorm viel Stress mit und sind dann, wenn der beim Heilfasten wegfällt, plötzlich auf sich gestellt“, sagt Spahn. Sie hinterfragen dann nicht nur ihre Essgewohnheiten, sondern ihr Leben insgesamt, mitunter kommen lange unterdrückte Emotionen hoch. Ums Abnehmen geht es übrigens den wenigsten, die sich für eine Woche Heilfasten entscheiden. „Den meisten geht es wirklich um ein ernsthaftes Entgiften, um eine echte Auszeit. Und sehr viele kommen dann jedes Jahr wieder“, sagt Manfred Spahn.

Basenfasten: Fasten mit Essen
Jedes Jahr wiederkommen? Heike Burzki hätte ungläubig gestaunt, hätte ihr das jemand nach ihrer ersten Erfahrung mit dem Heilfasten gesagt. Ihr ging es dabei nämlich nicht sehr gut. Heute sagt sie: „Ein paar Jahre später hatte ich dann die richtige Betreuung – und es wurde eine sehr gute Erfahrung.“ Heike Burzki ist Ernährungsberaterin und betreut zum Beispiel die Detox- und Basenfastenwochen im Hotel Steirerhof im steiermärkischen Bad Waltersdorf. „Die innere Haltung ist enorm wichtig beim Fasten, sonst versucht man sich zu kasteien oder ist auch verleitet zu tricksen“, sagt sie.

Beim Basenfasten ist diese Versuchung allerdings gering. Man kann sich ja satt essen, nur eben mit basischer – also sanfter pflanzlicher – Ernährung, mit Gemüsesuppen, mit Brei, mit (gedünstetem) Obst. Das kann man auch zu Hause tun, solange man bereit ist, sich an gewisse Zutaten und Rezepte zu halten. „In der Gruppe fällt auch das vielen leichter – nicht zuletzt, weil sie eben weder speziell einkaufen noch besonders kochen müssen“, hat Heike Burzki beobachtet. Auch sie preist das Gemeinschaftsgefühl, das beim Fasten in der Gruppe eintritt und erstaunlich gut dabei hilft, sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Dieses Sich-mit-sich-selbst-Beschäftigen, diese Klarheit, dieser Fokus im Blick auf die eigene Person, das eigene Leben, die eigenen Bedürfnisse ... All das geht offenbar insgesamt deutlich leichter, wenn man sich Pausen vom Essen gönnt. Fast jeder von uns kann das. Wir müssen unseren Körper nur daran erinnern.

Wer es nicht tun sollte

Illustrion Fastenzelle

Bild: WaldundSchwert

Generell aufs Fasten verzichten sollten:

  • Schwangere und Stillende

  • Kinder

  • Jugendliche im Wachstum

  • sehr alte Menschen

  • Menschen mit Essstörungen

  • Menschen, die unter Gicht, Gallenkoliken oder Gallensteinen leiden

Die Zustimmung des Arztes brauchen alle, die:

  • regelmäßig Medikamente einnehmen müssen

  • an Typ-1-Diabetes, Nierenkrankheiten, Herzerkrankungen, Suchtkrankheiten, Psychosen, Demenz oder Alzheimer leiden

  • niedrigen Blutdruck haben

Fasten ein Selbstversuch

Timm Kruse Fastenbuch

Bild: Herderverlag

Timm Kruse, der deutsche Wissenschaftsjournalist probierte Fasten aus – und zwar gleich 40 Tage lang. Er schrieb darüber ein wunderbares Tagebuch: „40 Tage Fasten – Von einem, der mal Ballast abwerfen wollte“ aus dem wir zitieren:

  • TAG 3: „Und dann ist plötzlich die Energie da. Und die gute Laune. Dieser Schub ist einmalig. Ich wache auf, und wie aus dem Nichts wird mein Körper mit Kraft durchflutet. Es ist eine stille Kraft, die tief im Inneren auf ihren Ausbruch wartet und die ich nur vom Fasten oder manchmal vom Meditieren kenne.“

  • TAG 4: „Ich langweile mich. Was soll ich auch den ganzen Tag machen, wenn ich nicht essen kann? Alle meine Freunde arbeiten. Wenn ich wenigstens müde oder erschöpft wäre. Aber ich fühle mich extrem energiegeladen. Wohin damit?“

  • TAG 6: „Fastenexperten raten zu einem Glas süßem Fruchtsaft, um akuten Schwäche- anfällen vorzubeugen. Wie groß ist ‚ein Glas‘?“

  • TAG 7: „Beim Fasten trenne ich mich offenbar auch von altem seelischen Ballast. Je länger ich faste, desto mehr Müll tritt aus meinem Unterbewusstsein zutage. Ich träume unsäglichen Unfug, peinlichen Gehirnschrott, den ich selbst in meinem Tagebuch nicht aufschreiben könnte.“

  • TAG 9: „Ich beobachte Menschen beim Essen. Klammheimlich. Wie ein Spanner. Und auf einmal wird mir klar, was für ein Wunder es ist, dass unser Körper Käsebrötchen in Körpersubstanz verwandeln kann.“

  • TAG 21: „Mein Körper und mein Geist fühlen sich immer durchlässiger an. Wenn ich klassische Musik höre, berührt sie mich unmittelbar im Innersten. Ungefiltert.“

  • TAG 22: „Das Fasten zeigt mir, wie einfach das Leben sein kann. Dieses Gefühl des Einfachen gibt mir Ruhe und Kraft. Bedürfnislosigkeit, kein Müssen, kein Wollen, kein Brauchen. Die totale Unabhängigkeit.“

  • TAG 37: „Ich bin nicht mehr nüchtern. Eher wie bekifft. Nur nüchterner.“

  • TAG 39: „Im Grunde war ich auf der Suche nach dem Paradies. Ich glaube, ich habe es gefunden. Es ist direkt vor meiner Haustür, und ich habe es nie gesehen.“