"Zuhause wohlfühlen" – Tag 7: Genieße dein Werk
Nachdem du diese Woche an deiner Wohlfühlecke gearbeitet hast, kannst du dich heute zurücklehnen und genießen – mit einem Buch oder guter Musik, gemeinsam oder alleine. Apropos: Wir haben außerdem bei Wohnpsychologe und Paartherapeut Uwe Link nachgefragt, wie ein gutes Zusammenleben funktionieren kann.
Willkommen zum letzten Tag unserer Challenge-Woche! Jetzt, da du dir eine Wohlfühlecke eingerichtet hast, sollte sie auch genutzt werden. Die Challenge lautet:
Mache es dir heute in deiner Wohnfühlecke gemütlich und verbringe dort ein paar entspannte Stunden.
Wie du deine Zeit dort gestalten möchtest, bleibt dir überlassen. Du möchtest gerne Gesellschaft? Dann hole deine Partnerin oder deinen Partner dazu – denn auch gemeinsam lässt es sich schön entspannen. Zusammenwohnen ist aber nicht immer so einfach. Wie kann das wirklich gut funktionieren? Unsere Autorin Waltraud Hable hat bei Wohnpsychologe und Paartherapeut Uwe Linke nachgefragt. Das Ergebnis: Es geht um Kommunikation, Rückzugsorte und Akzeptanz des Gegenübers. Jeder soll sich willkommen fühlen.
Wie Zusammenleben gelingt – 16 Fragen an Wohnpsychologe und Paartherapeut Uwe Linke
Wohnen Männer anders als Frauen? Was braucht es, damit sich daheim alle wohlfühlen? Und wie integriere ich bloß das hässliche Möbelstück, das der Partner mit in die Beziehung gebracht hat? Wir haben den Wohnpsychologen und Paartherapeuten Uwe Linke gefragt, was einem harmonischen Zusammenleben dienlich ist.
Interview: Waldtraud Hable
Herr Linke, können Sie als Wohnpsychologe und Therapeut Räume „lesen“?
Ein Raum kann durchaus Hinweise geben und unbewusste Muster aufzeigen. Doch wie Menschen sich dann tatsächlich verhalten, das ist immer im persönlichen Gespräch zu klären.
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Was wäre denn optisch ein Hinweis, dass die Kommunikation in einem Haushalt nicht optimal läuft?
Ist zum Beispiel die Couch im Wohnzimmer zum Fernseher hin ausgerichtet und finden sich keine weiteren Sitzgelegenheiten in der Nähe, die man zur Gruppe zusammenstellen könnte, deutet das an: Hier ist die Kommunikation erschwert, weil alles auf einseitiges Fernsehschauen ausgerichtet ist.
Und welche Details verraten etwas über die Sehnsüchte der hier wohnenden Personen?
Ich hatte einmal eine Kundin, in deren kleiner Wohnung sich ein großer Esstisch mit sechs Sitzplätzen befand, dazu viel Porzellan und Besteck für ein ganzes Festival. Auf Nachfrage, wie oft sie denn Gäste habe, stellte sich heraus, dass das sehr selten der Fall sei. Bei ihr war der Wunsch nach Gesellschaft stark – das ist gerade bei älteren Menschen oft ein Thema. Auch ein minimalistischer Wohnstil – etwa bei wohlhabenden Menschen – oder der Ethno-Style können Sehnsüchte offenbaren. Man träumt von mehr Einfachheit oder vom Reisen. Wobei Studien zeigen, dass wir mit zunehmendem Alter und schwindenden Kräften mehr darauf fokussieren, wie wir in unserer Gesellschaftsrolle gesehen werden wollen. Wir wohnen weniger authentisch und passen uns eher an.
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Wohnen Frauen anders als Männer?
Ja. Pauschal betrachtet ändern Frauen gern kleine Dinge und Farben. Männer verändern seltener etwas, aber dann radikal. Und Frauen legen mehr Wert auf Dinge, die eine gemütliche Stimmung versprechen und die Kommunikation erleichtern. Details wie Kissen, warme Decken und Kerzen sind für sie eher wichtig. Männer hingegen errichten zu Hause gerne Statussymbole – in Form großer Bildschirme oder beeindruckender Technik. Die Espressomaschine mit zwei Heizkreisläufen, die so groß ist, dass man damit eine Kernschmelze erzeugen könnte, findet sich eher im Männerhaushalt.
Will ein Paar zusammenziehen: Auf welche Punkte gilt es zu achten, damit das Zuhause sich am Ende gut anfühlt?
Keine Wohnung wird jemals ideal sein – egal in welcher Preisklasse. Es gibt immer Einschränkungen und Nachteile. Doch was ein wesentlicher Faktor für Zufriedenheit ist: wenn sich genug Rückzugsmöglichkeiten schaffen lassen.
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Warum sind Rückzugsmöglichkeiten so wichtig?
Weil erst diese uns ermöglichen, echte Gemeinsamkeit zu erleben. Beim Rückzug tanken wir Energie und entwickeln neues Interesse an Begegnung. Was aber durchaus typabhängig ist. Bei sehr geselligen Menschen ist das Rückzugbedürfnis oft weniger ausgeprägt. Denen kann es reichen, hinter dem Bildschirm zu versinken, das ist auch eine Form von Rückzug.
Wenn nun aber eine introvertierte und eine extrovertierte Persönlichkeit zusammenziehen, wie schafft man ein Erholungsumfeld, das für beide passt?
Das A und O ist Kommunikation. Wenn ich weiß, ich gehe nicht so gerne raus, weil es mich Energie kostet, dann gilt es, diesen Umstand zu kommunizieren. Denn der extrovertierte Partner kann sonst nicht nachvollziehen, warum mich etwa offene Bereiche stressen. Er kennt dieses Gefühl ja nicht. Letztlich geht es darum, jedem seinen eigenen Bereich zuzugestehen. Wenn ich durch mein großes Rückzugbedürfnis mehr Raum in der Wohnung beanspruche, kann ich im Gegenzug dem extrovertierten Partner mehr Zeit zugestehen zum Ausleben von Hobbys oder für Treffen mit Freunden.
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Nehmen wir an, mein Partner liebt dunkle, schwere Möbel. Ich bin eher der Typ Landhausstil. Wie lassen sich diese zwei Welten vereinen?
Eben nicht durch Kompromisse, sondern durch reservierte Bereiche, in denen jeder zu 100 Prozent seinen Geschmack ausleben darf. Denn Kompromisse sind schwierige Zwischenlösungen, die am Ende keinem gerecht werden. Eine Lösung kann sein: Dann gibt es in dieser Wohnung eben eine Ecke, die sehr dunkel gestaltet ist. Das lässt sich durchaus inszenieren. Genauso darf aber auch der Landhaus-Bereich existieren.
In Summe sieht dieser Mix aber schräg aus, oder?
Die Meinung anderer muss einem in Bezug auf das eigene Zuhause egal sein. Es muss für die Menschen passen, die da drin wohnen. Hinter den bevorzugten Wohnstilen stecken ja ganz oft innere Wünsche. Das Dunkle vermittelt vielleicht dieses gemütliche Höhlengefühl. Und hinter dem Landhausstil verbirgt sich vielleicht die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, wo manches besser schien.
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Was, wenn ich mich mit dem hässlichen Polstermöbel, das der andere mitgebracht hat, nicht anfreunden kann?
Meist ist es nicht das Ding an sich, sondern es sind die Assoziationen, die wir damit haben. Ich würde ein Machtspiel oder unausgesprochene Bedürfnisse dahinter vermuten.
Können Sie ein Beispiel geben?
Vielleicht stammt das Möbel von der Schwiegermutter, mit der ich nicht klarkomme – und es erinnert mich jeden Tag an die Tatsache, dass sie komisch zu mir ist und mich nicht akzeptiert. Ich hatte auch eine Klientin, die war absolut gegen rote Wände und konnte nicht genau benennen, warum. Es stellte sich heraus: Als Kind hatte sie zuschauen müssen, wie das Haus der Eltern abbrannte. Sie hatte dieses Erlebnis völlig verdrängt. Flammen, vernichtende Hitze – das war bei ihr unterbewusst unter Rot abgespeichert.
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Wie früh sollte man die Kinder in die Gestaltung der Wohnräume miteinbeziehen?
Sehr früh. Bereits ab fünf, sechs Jahren ist ein Kind in der Lage, seinen Geschmack und seine eigenen Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen. Man kann Kinder integrieren, indem man sie Teil der Lösung werden lässt und fragt: „Brauchen wir vielleicht ein anderes Behältnis, damit du deine Sachen besser findest? Lass uns zusammen etwas entwickeln.“
Weiße oder farbige Wände im Kinderzimmer?
Kinder würden von sich aus niemals weiße Wände wählen. Insofern würde ich sagen: Farbe oder eine Vliestapete, die die Kinder selbst gestalten dürfen. Aus Angst vor beschmierten Wänden versuchen Eltern gerne, das Kind auf ein Blatt Papier zu zwingen. Doch sobald das Kind den Kugelschreiber oder Fingerfarben entdeckt, wird es immer versuchen, diese engen Grenzen zu sprengen. Freiräume zuzugestehen – etwa in Form einer Tapete – ist wichtig. Und gibt es kein eigenes Kinderzimmer, sollte zumindest ein eigener Bereich geschaffen werden, in dem das Kind sich entfalten darf, ohne ständig zur Ordnung gerufen zu werden.
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Ordnung ist für Eltern ein Dauerthema, denn mit Kindern sieht die Wohnung schnell wie explodiert aus. Wie löst man das?
Stauraum, klare Beschriftungen oder das Aufräumen mit Ritualen zu verbinden – das kann alles sinnvoll sein. Aber wichtiger erscheint mir, die Idee von Ordnung neu zu definieren. Ich erlebe Familien im konstanten Stress, weil Kinder nicht den „erwachsenen“ Ansprüchen an Ordnung gerecht werden. Dabei haben Kinder zuerst einmal kein Verständnis, wieso Ordnung sinnvoll sein soll. Man muss ihnen zugestehen, hin und wieder auch in eine kleine Not geraten zu dürfen.
Wozu raten Sie also?
Zu Geduld und Perspektivenwechsel. Vieles löst sich mit der Zeit auch von selbst. Wenn sich die erste Freundin ankündigt, lernen Burschen oft in atemberaubender Geschwindigkeit, aufzuräumen.
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Was fördert beim Wohnen eine positive Familiendynamik, auch im Hinblick auf Patchwork?
Bei Patchwork gelten dieselben Regeln wie bei einem normalen Zuhause. Es sollte Rückzugsmöglichkeiten und Freiräume geben. Genauso braucht es gemeinsame Rituale, die Sicherheit vermitteln: miteinander kochen anstatt fernsehen und Pizza bestellen. Je unsicherer unsere Umwelt wird, desto mehr muss ein Zuhause Verbindlichkeit schaffen und sichere Zuflucht sein. Zuhause sein bedeutet, sich willkommen zu fühlen – mit allen Gefühlen und Ängsten.
Zu unserem Gesprächspartner: Uwe Linke ist Wohnpsychologe, Designer, Autor und Paartherapeut in München. Er analysiert seit über 30 Jahren emotionale Bedürfnisse in Bezug auf den Lebensraum. Mehr Info unter uwelinke.de.
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